Wald steht unter Beobachtung
Stadtwald ist ein Standort für das Projekt Biowild – Vier Flächen ausgewiesen
VILLINGEN-SCHWENNINGEN - Villingen-Schwenningen ist einer der größten kommunalen Waldbesitzer des Landes. Der Stadtwald wurde als einer von fünf Pilotregionen in Deutschland für das Biowild-Projekt ausgewählt. Eines der Ziele dabei ist es, zu untersuchen, wie ein klimastabiler Mischwald zusammengesetzt sein muss.
Ein Spaziergang unter Kiefern, Fichten und Laubbäumen erfreut viele Menschen, die Luft riecht gut und wenn man Glück hat erhascht man einen Blick auf den einen oder anderen Waldbewohner. Doch es ist klar: Der Wald ist in unseren Breitengraden in erster Linie vor allem ein Wirtschaftsfaktor und die zunehmende Klimaveränderung setzt ihm zu. Er hat sich bereits und wird sich auch weiterhin in der Zusammensetzung verändern.
Die übergeordneten Ziele des Biowildprojekts sind die Sicherung, der Erhalt und die Förderung der Waldbiodiversität sowie Erkenntnisse zu erlangen, wie ein klimastabiler Mischwald, der auch zukünftig die Bedürfnisse und Ansprüche der Gesellschaft sowie der Waldbesitzer multifunktional erfüllen kann, zusammengesetzt sein muss. Das Gesamtprojekt ist mit einem Budget von 2,5 Millionen Euro ausgestattet und auf sechs Jahre angelegt – was in Sachen Wald nicht lange ist. Jeder Forstbesitzer weiß, dass er in Generationen denken muss.
Insgesamt gibt es bundesweit fünf Pilotprojekte dieser Art, in denen 25000 Hektar Wald aufgenommen sind, 8000 Hektar in Baden-Württemberg. Franz-Josef Risse, Projektkoordinator für das Land, erläutert beim Ortstermin auf Tannheimer Gemarkung, dass es aus dem Land einige Anfragen gab, um aufgenommen zu werden, beispielsweise auch aus Waldenburg und Hohenlohe. Man entschied sich für VillingenSchwenningen, weil man ein Gebiet wollte, in dem es nur Schalenwild, sprich Rehe, gäbe und kein Damwild. Gefördert wird das Projekt vom Bundesumweltministerium und dem Bundesamt für Naturschutz.
Die 13 Mitarbeiter in dem Projekt haben verschiedene Aufgaben, es gibt ein Vegetations- und ein Jagdmonitoring. Für diese Überwachung wurden so genannte Weisergatter eingerichtet. Hierbei wurde eine zwölf auf zwölf Meter große Fläche eingezäunt, es gibt eine gleich große Vergleichsfläche, die in der Nähe liegt und nicht eingezäunt ist. Diese Flächen gibt es im hiesigen Wald zwei Mal. In Villingen-Schwenningen liegen sie im südwestlichen Bereich der Gemarkung, im Tannheimer Wald, nahe dem Zindelstein.
Daten sammeln wichtig
Beim Vegetationsmonitoring geht es vor allem darum, wie sich die Naturverjüngung entwickelt. Dazu muss beobachtet werden, wie groß der Wildverbiss ist. Und hier greifen die beiden Zahnräder ineinander. Beim Jagdmonitoring gilt es, die Jagddaten zu erfassen, allerdings nur für die Tiere, die im Wald erlegt werden, nicht auf dem Feld. Bei Claudia Jordan-Fragstein laufen diese Daten für ganz Deutschland an der TU Dresden zusammen. Jedes erlegte Tier wird mit den Jagddaten eingetragen, dazu gehören die Koordinaten, ob es ein männliches oder weibliches Tier war, und die Tierart. Hier liegen die Projektverantwortlichen und das Land jedoch auch im Clinch miteinander. Wurden in den restlichen Bundesländern für das Projekt die Jagdzeiten synchronisiert, sträubt sich das Land Baden-Württemberg dagegen. Eine politische Entscheidung erscheint schwierig.
Diese Synchronisation erachten die Leiter von Biowild jedoch als notwendig. Jordan-Fragstein erklärt: „Das Wild kommt immer wieder unter Druck, nicht nur aufgrund der Jagd, sondern auch aufgrund von Waldbesuchern und Sportlern.“Dazu gehören sowohl die Spaziergänger wie auch die Mountainbiker. Sie scheuchen das Wild auf, es hat im Winter beispielsweise so einen erhöhten Energieaufwand und es kommt zum Verbiss. Worüber die anwesenden Förster und Jäger nur den Kopf schütteln können ist beispielsweise das Geocaching bei Nacht, das in der Region Tübingen verbreitet ist. Die Natur, vor allem die Tiere, könne so nicht zur Ruhe kommen und man stellte die Frage, wie weit diese Entwicklung noch gehen könne oder ob es nicht eine gesetzliche Beschränkung geben müsse. Mit der Jagdruhe will man auch andere Dinge untersuchen, ob beispielsweise die Qualität des erlegten Wildbrets sich verbessert.
Die Projektverantwortlichen betonen, dass mit dem Zeitraum von sechs Jahren keine endgültigen Ergebnisse vorliegen können, sondern dass man nur Tendenzen erkennen könne. Man hoffe jedoch auf Anschlussfinanzierungen. Weitere Informationen gibt es im Internet unter der Adresse
www.biowildprojekt.de