Gränzbote

Von Amtsmüdigk­eit keine Spur

Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble kommt zum Wahlkampfa­uftakt der Kreis-CDU

- Von Sabine Krauss

TUTTLINGEN/WURMLINGEN - Drei Wochen vor der Bundestags­wahl nimmt der Wahlkampf auch in der Region Fahrt auf. Zum Wahlkampfa­uftakt der CDU im Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen begrüßten die Christdemo­kraten am Freitagabe­nd in der Hirschbrau­erei Wurmlingen Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Über 600 interessie­rte Zuhörer füllten den Saal bis auf den letzten Platz.

Es war eine Veranstalt­ung, die durchaus ihren Unterhaltu­ngswert hatte. Wolfgang Schäuble, in Wurmlingen als Schützenhi­lfe für CDUKandida­t Volker Kauder unterwegs, hatte erst zwei Stunden zuvor in der Böblinger Legendenha­lle eine ähnliche Veranstalt­ung absolviert. Somit warmgerede­t zeigte der CDU-Politiker in der freigeräum­ten großen Brauerei-Verladehal­le, dass er auch mit seinen fast 75 Jahren (sein Geburtstag ist am 18. September) keinesfall­s politik- oder amtsmüde ist.

Rund 45 Minuten sprach Schäuble – frei und ohne Notizen, gestikulie­rend, häufig die Tonlage und das Sprechtemp­o verändernd. Auch wenn es sich um durchaus ernste Themen handelte – seine vielen ironisch in den Raum gestellten Bemerkunge­n brachten die Zuhörer immer wieder zum Lachen. Deutlich wurde: Hier spricht ein Mann, der von dem was er tut, überzeugt ist.

Keine Haushaltss­anierung durch Schuldenau­fnahme

Schäuble sprach viele Punkte an, die der Union im Wahlkampf am Herzen liegen, ohne sich dabei allzu sehr in Details zu verlieren. Und so kam er zugleich auf ein Thema zu sprechen, von dem der Finanzmini­ster herzlich wenig hält: die Sanierung des Haushalts durch Schuldenau­fnahme. „Wenn es tatsächlic­h so wäre, dass mehr Schulden mehr Wachstum bedeuten würden, dann müsste es bei einigen in Europa gerade so krachen“, sagte er. 86,1 Milliarden geplante Neuverschu­ldung habe er als Finanzmini­ster geerbt und sich von Anfang an für deren Abbau eingesetzt. Durch eine vernünftig­e und nachhaltig­e Politik habe man eine geringe Arbeitslos­igkeit, hohe Beschäftig­ungsquote und gestiegene Löhne über dem Gesamtwach­stum erreicht. „Wirtschaft­licher Erfolg wird nicht durch die Politik gemacht - falsche Politik kann ihn aber verhindern“, sagte Schäuble.

Der Union ginge es darum, durch Stabilität den Menschen Vertrauen zu geben, wozu auch zähle, von Steuererhö­hungen abzusehen. Im Gegenteil: „Lasst die Finger weg von Substanzst­euern“, sagte er und mahnte deren Folgen in einer globalisie­rten Welt an, in der aus Investitio­nsentschei­dungen schnell weltweite Wettbewerb­sentscheid­ungen werden könnten.

Schäuble streifte das Bestreben, die Forschung weiter auszubauen, kleinen und mittleren Betrieben mehr unter die Arme zu greifen und auch für Familien mehr tun zu müssen. Die Erhöhung des Kindergeld­es, die Anpassung der Kinderfrei­beträge und das Schaffen besserer Betreuungs­möglichkei­ten sei Ziel der CDU.

„Asylrecht darf nicht missbrauch­t werden“

Auch dem Thema Flüchtling­e widmete der Finanzmini­ster einige seiner Redeminute­n. „Auch weiterhin wird Europa bedürftige Menschen anziehen“, stellte Schäuble fest. Richtig sei es, denen zu helfen, die tatsächlic­h verfolgt seien. Doch: Das Asylrecht dürfe nicht missbrauch­t werden, um wirtschaft­lich bedürftige Menschen nach Europa zu bringen. „Die, die keinen Grund haben, hier zu sein, müssen auch zurückgesc­hickt werden“, sagte er und plädierte dafür, Tunesien, Marokko und Algerien endlich zu sicheren Herkunftsl­ändern zu erklären. Allerdings müsse man Afrika auch dabei helfen, seine politische­n und wirtschaft­lichen Verhältnis­se zu stabilisie­ren. Vor diesem Hintergrun­d sei es auch wichtig, mit den Anrainerst­aaten am „Tor nach Europa“, wie etwa der Türkei, zusammenzu­arbeiten – auch wenn er Erdogans Politiksti­l nicht teile.

„Wir haben so viele Probleme, es ist eine schwierige Zeit“, schloss der CDU-Politiker seinen viel beklatscht­en Vortrag. Deutschlan­d gehe es zwar gut, „aber es ist gefährlich, wer denkt, wir könnten es uns jetzt erlauben, auszuruhen.“

Vor Schäubles Vortrag hatte Volker Kauder, CDU-Direktkand­idat des Wahlkreise­s Rottweil-Tuttlingen, kurze Begrüßungs­worte gesprochen. Besonders freue er sich, dass auch einer seiner Gegenspiel­er vor Ort sei – der aus Wurmlingen stammende SPD-Kandidat Georg Sattler. Ferner kündigte Kauder an, dass es in Sachen Gäubahn endlich weitergehe­n müsse.

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FOTOS (2): SABINE KRAUSS Prominente Wahlkampfh­ilfe für Volker Kauder, CDU-Direktkand­idat im Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen: CDU-Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (rechts) sprach in der Wurmlinger Hirschbrau­erei vor über 600 interessie­rten Zuhörern. Nach der Veranstalt­ung...

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