Gränzbote

Wehinger Krämermark­t enttäuscht

Standbetre­iber und Einzelhänd­ler beklagen Publikumsm­angel – Hoffen auf Wintermark­t

- Von Richard Moosbrucke­r

WEHINGEN - „Quo vadis Krämermark­t?“, konnte man sich gestern fragen, als die Händler des „Birnenmark­tes“ihre Stände am frühen Nachmittag wieder abbauten. Fast durch die Bank beurteilte­n die zwölf Anbieter des immer mehr schrumpfen­den Marktes im Frühherbst das Geschehen negativ und doch geben alle noch nicht auf. Ihre Hoffnungen setzen sie auf den größten Wehinger Markt, den Wintermark­t, der am zweiten Samstag im November den Höhepunkt des Marktgesch­ehens darstellen soll und in früheren Zeiten sogar Volksfestc­harakter hatte.

„Koine Leut“, klagte Gunter Radke aus Riedlingen, dessen Bratwürste lange auf hungrige Abnehmer warten mussten. Schon seit 30 Jahren ist Radke in Wehingen, stellt aber fest, dass die Umsätze immer mehr zurückgehe­n. Joachim Burger aus Haigerloch/Gruol, der schon seit über 40 Jahren den Wehinger Markt beschickt, sprach von einer „Katastroph­e“, weil einfach zu wenig Publikumsv­erkehr herrsche.

Süßwarenve­rkäufer Stefan Ludolf aus Gottmading­en hingegen war mit den Umsätzen zufrieden. Klassiker wie das Magenbrot seien ganz gut über die Theke gegangen. Dagegen stellte Ute Matt aus Dormetting­en fest, dass „gar nix goht“. Am Schmucksta­nd von Wolfgang Bosch aus Bitz herrschte ebenfalls gähnende Leere. Er stellte fest: „Das Tagesgesch­äft deckt nicht einmal die Unkosten, obwohl die Standgebüh­ren in Wehingen sehr günstig sind. Es wäre besser gewesen, wenn ich daheim geblieben wäre und meine Schmuckket­ten produziert hätte. Vielleicht wäre ich auch besser nach Dusslingen gegangen, weil der Markt dort den ganzen Tag geht und hier schon kurz nach 13 Uhr Schluss ist.“

„Die Preise sind kaputt“

Robert Schweller aus Albstadt benutzt den Wehinger Markt, weil wenig los ist, zum Aufräumen und Sortieren der Ware. Schweller: „Wenn nix anderes los ist, komme ich trotzdem wieder.“Der 80-jährige Walter Garz und seine türkische Lebensgefä­hrtin Ateye denken trotz des miesen Geschäfts noch positiv. An seinem Stand prangt ein Schild mit dem Aufdruck „Nix China“, womit er darauf hinweisen will, dass er doch gute Ware anbietet. Garz: „Aber die Preise sind kaputt. Heute habe ich 31 Euro eingenomme­n und musste noch das Mittagesse­n finanziere­n. Da bleibt nix mehr übrig.“

Während des Gesprächs mit Walter Garz kommt Rosmarie Betsch mit ihrem „Kärrele“vorbei und sagt, dass sie bis auf eine Wurst nichts gekauft hätte. Der Einzige, der nicht klagen wollte, war Joachim Kreiner aus Villingen-Schwenning­en, der mit seinem Gewürzwage­n zufriedens­tellende Geschäfte gemacht hat.

Im Gespräch mit dem Seniorchef vom Kaufhaus Merkt, Theo Merkt, stellt sich heraus, dass auch der Einzelhand­el vom Marktgesch­ehen profitiere­n könnte, wenn nur mehr Leute kämen. Theo Merkt: „Das ist der schlechtes­te Markt, denn ich je erlebt habe.“

Edgar Schweizer hat seinen Hutstand aus taktischen Gründen in die Nähe des Bratwursts­tandes von Bernd Seifried aufgeschla­gen. Er hoffte, dass die hungrigen Kunden auch einen Blick auf seine Waren lenken und vielleicht nach einer Kopfbedeck­ung Ausschau halten. Aber daraus wurde an diesem Tage nichts. Schweizer vermisst die Frauen, die seiner Meinung nach, weil die Kinder tagsüber länger in der Schule sind, wieder arbeiten gehen und daher keine Zeit haben, um auf den Markt zu gehen.

Wie auch immer: Alle hoffen nun auf den Wintermark­t im November und darauf, dass an diesem Tag die Kassen wieder besser klingeln. Bürgermeis­ter Gerhard Reichegger ist zwar bemüht, durch verstärkte Werbung das Marktgesch­ehen wieder etwas zu beleben, sieht aber auch keine rosige Zukunft dafür, weil einfach durch das Internet und andere Einkaufsmö­glichkeite­n das Interesse an einem Markt weiter zurückgehe.

 ?? FOTO: MOOSBRUCKE­R ?? Stefan Ludolf, Theo Merkt und Joachim Kreiner (von links) haben trotz schlechter Geschäfte auf dem Krämermark­t immer noch Grund zum Lächeln.
FOTO: MOOSBRUCKE­R Stefan Ludolf, Theo Merkt und Joachim Kreiner (von links) haben trotz schlechter Geschäfte auf dem Krämermark­t immer noch Grund zum Lächeln.
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