„Es ist konsequent und richtig“
BERLIN - Mehmet Daimagüler, Rechtsanwalt und Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess, befürwortet im Gespräch mit Andreas Herholz das geforderte Strafmaß. Allerdings seien Fragen unbeantwortet geblieben.
Die Bundesanwaltschaft fordert lebenslange Haft für Beate Zschäpe – ein angemessenes Strafmaß, auch aus Sicht der Angehörigen der Opfer?
Es ist konsequent und richtig. Meine Mandanten und ich werden auch ein solches Strafmaß beantragen. Die Anordnung von Sicherheitsverwahrung würde gewährleisten, dass Zschäpe auch nach Verbüßung ihrer Strafe hinter Gittern bleiben würde. Die Bundesanwaltschaft hat die Feststellung der besonders schweren Schuld beantragt. Das würde bedeuten, dass es keine Regelentlassung nach 15 Jahren Haft geben würde. Nach den 15 Jahren wird dann ein Gutachter beurteilen, wie sich die Inhaftierte entwickelt hat. Die Anordnung der Sicherheitshaft wäre auch die Botschaft, dass man davon ausgeht, dass Zschäpe weiter gefährlich ist.
Wie fällt Ihr Urteil über das Verfahren aus?
Das lässt sich in einem Satz sagen: Im Kleinen groß, im Großen klein. Was den Nachweis der engen Tatbeteiligung von Zschäpe und den anderen Angeklagten angeht, hat dieses Verfahren viel geleistet. Allerdings wurden die großen Fragen zu dieser Mordserie und den Versäumnissen bei der Aufklärung nicht beantwortet. Wie groß ist der NSU wirklich? Welche Rolle haben die Verfassungsschutzbehörden gespielt? Viele wichtige Fragen wurden nicht gestellt oder blieben unbeantwortet. Dafür ist vor allem die Bundesanwaltschaft verantwortlich. Der Staat will einen Schlussstrich und die Akten schließen. Alle heiklen Fragen werden ausgeblendet.
Wie steht es um die politische Aufarbeitung?
Jetzt sollte genau geprüft werden, welche Konsequenzen in Bund und Ländern aus den über 40 Empfehlungen des ersten Untersuchungsausschusses gezogen worden sind. Diese Vorschläge betreffen unter anderem die Sicherheitsbehörden und Geheimdienste und was sich dort ändern muss, um ein Staatsversagen wie im Fall der NSU zu verhindern. Wir dürfen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Die Bundeskanzlerin hatte einst versprochen, dass alle Behörden mit Hochdruck an der Aufklärung arbeiten würden. Die Geheimdienste haben nicht nur Ermittlungsakten geschreddert, sondern auch das Versprechen der Bundeskanzlerin. Das darf nicht das letzte Wort sein.