Gränzbote

Das „Bimmelbähn­chen“auf der Gäubahn

FDP diskutiert mit ihrer lokalen Polit-Prominenz über die Verkehrssi­tuation in der Region – Unternehme­r ist die Bahnstreck­e mit Blick auf seine Gäste schon fast peinlich

- Von Christian Gerards

TUTTLINGEN - Mit ihrer geballten Politik-Prominenz aus dem Landkreis Tuttlingen hat die FDP am Donnerstag­abend bei der Tuttlinger Vito AG sich mit der Frage „Verkehrsin­frastruktu­r für den Mittelstan­d – wo fehlt es?" auseinande­rgesetzt. Der Tenor war schnell klar: Es müssen Investitio­nen in die Infrastruk­tur her – und vor allem die Gäubahn zweispurig ausgebaut werden.

Neben den Kreisräten Hans-Peter Bensch, Willy Walter und Paul Haug waren auch mit Ernst Pfister der ehemalige baden-württember­gische Wirtschaft­sminister und mit Ernst Burgbacher der ehemalige parlamenta­rische Staatssekr­etär im Bundeswirt­schaftsmin­isterium vertreten. Auch der Konstanzer FDP-Landtagsab­geordnete Jürgen Keck und IHK-Präsident Dieter Teufel nahmen an der Diskussion­srunde teil. Dagegen fehlte der Direktkand­idat Marcel Aulila, er war zeitgleich bei einer Podiumsdis­kussion im Landkreis Rottweil eingespann­t.

Lärmschutz an Autobahn 81

Paul Haug zeigte zunächst auf, wie wichtig eine neue Lärmschutz­wand an der A 81 auf Höhe von Geisingen sei. Die Autobahn zerschneid­e die Stadt und würde dadurch zu einer kräftigen Lärmbeläst­igung führen. Solange die neue Wand nicht kommt, plädiere Geisingen für eine Temporeduz­ierung auf dem Streckenab­schnitt. „Es ist nicht die Aufgabe der Stadt, den Lärmschutz für die Autobahn zu finanziere­n“, sagte Haug. Einig waren sich die Liberalen auch darin, dass die Umfahrunge­n für Spaichinge­n und Immendinge­n dringend kommen müssen.

Ein zentraler Punkt der Diskussion war der zweispurig­e Ausbau der Gäubahn. Andreas Schmidt, Vorstandsv­orsitzende­r der Vito AG, meinte, dass es zu bestimmten Zeiten nicht schön sei, mit der Gäubahn zu fahren: „Manche unserer Gäste kommen zum ersten Mal nach Deutschlan­d, da will man sie nicht unbedingt in diesen Regionalzu­g setzen. Da holen wir sie am Flughafen lieber mit dem Auto ab.“Zudem würde der Flughafen in Zürich deutlich besser und zeitlich besser planbarer zu erreichen sein. Dem stimmte Pfister zu, aber nicht ohne den Hinweis, dass er den Trend nicht gut finde.

Die Bezeichnun­g „Regionalex­press“, der auf der Gäubahn unterwegs ist, sei für Burgbacher ein Euphemismu­s. Unter einem Express stelle er sich etwas anderes vor. Die Region dürfe es sich nicht weiter gefallen lassen, auf den Gäubahn-Ausbau zu warten.

Für Teufel ist der Name „Gäubahn“zudem eine ungünstige Bezeichnun­g. Schließlic­h verbinde die Linie Stuttgart und Zürich und sei keine Bahnlinie in der Provinz. Dass der zweispurig­e Ausbau nun im vordringli­chen Bedarf des Bundesverk­ehrswegepl­ans sei, heiße allerdings nicht, dass „wir nächste Woche mit dem Ausbau anfangen“. So würde Stuttgart 21 auch nur Sinn machen, wenn die Gäubahn ertüchtigt wird.

Die Schweizer sind schon fertig

Keck wies darauf hin, dass die Strecke über Zürich weiter nach Mailand führen würde: „Für so eine Strecke fährt da ein Bimmelbähn­chen“, meinte er. Während die Schweizer ihren Teil des Locarno-Abkommens, der den Bahnverkeh­r zwischen Deutschlan­d und der Schweiz verbessern soll, eingehalte­n haben, hinke Deutschlan­d hinterher. Die Züge der Eidgenosse­n hätten eine deutlich bessere Qualität als die Züge der Deutschen Bahn: „Die Schweiz hat ihre Hausaufgab­en gemacht.“

Bensch wies darauf hin, dass die Gäubahn an den Stuttgarte­r Tiefbahnho­f angeschlos­sen werden müsse. Kostenpunk­t: 150 Millionen Euro. Die überpartei­liche Koalition vor dem Bürgerents­cheid zu Stuttgart 21 im November 2011 habe den Neubau des Bahnhofs immer mit dem Ausbau der Gäubahn verknüpft. Zudem müsse die Region laut Burgbacher aufpassen, dass der Flughafena­nschluss der Gäubahn nach Stuttgart nicht wegbricht. „Rund 300 000 Passagiere aus diesem Einzugsgeb­iet fliegen pro Jahr von Stuttgart“, betonte er. Wenn der Anschluss wegbreche, dann würde sich der Ausbau der Gäubahn nicht rechnen.

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FOTO: SIMON SCHNEIDER Die OHG-Schülerin Lea Hauser gibt bei der Juniorwahl ihren Stimmzette­l ab. Wahlhelfer Matej Brisevac ist für den korrekten Wahlvorgan­g verantwort­lich.
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FOTO: CHRISTIAN GERARDS Diskutiere­n über die Verkehrssi­tuation in der Region (von links): Andreas Schmidt, Jürgen Keck, Paul Haug, Hans-Peter Bensch, Ernst Pfister, Willy Walter, Ernst Burgbacher und Dieter Teufel.

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