Gränzbote

Firmenchef legt nochmal nach

Jetzt ist Sarrazin-Zitat auf „Wahlaufruf“– Abbau aber nach Bär-Interventi­on am Abend

- Von Regina Braungart

EGESHEIM - Das Thema „rassistisc­hes Plakat“vor der Firma Richard Weiss ist in Egesheim noch nicht ausgestand­en. Nachdem am Freitag ein missbrauch­tes und in einen rassistisc­hen Kontexte gestelltes Foto von dunkelhäut­igen Kindern überklebt worden war, tauchte kurz darauf an dessen Stelle ein Schriftzug auf: „Deutschlan­d schafft sich ab“nach einem Buchtitel von Tilo Sarrazin. Plus der Hinweis: „Haben wir eine Alternativ­e??? Zur Wahl gehen am Sonntag, den 24.09.2017“.

Und: Zwei weitere Firmen, die Firma Lumpp, Mahlstette­n, und die Firma Baier aus Wellending­en haben sich noch zusätzlich auf das Plakat als Unterzeich­ner aufnehmen lassen. Nach „intensiven Gesprächen“, so Egesheims Bürgermeis­ter Josef Bär am Nachmittag des Montags, habe Firmenchef Gerold Weiss zugesagt, das Plakat insgesamt vom ausführend­en Plakatbaue­r abbauen zu lassen. Es steht zum Teil auf Gemeindege­lände. Am Montagaben­d war es tatsächlic­h abgebaut.

Das Plakat, das offenbar gegen die Migrations­politik der Bundesrepu­blik gerichtet war, hat bundesweit Wellen geschlagen. Die FAZ und die Bildzeitun­g haben unter anderem berichtet, in Stellungna­hmen und Leserbrief­en wurde in dieser Zeitung gegen das Plakat und seine Botschaft protestier­t.

Der langjährig­e Prokurist der Firma distanzier­t sich scharf von der Botschaft des Plakats (siehe nebenstehe­nden Leserbrief) und auch in Internet-Medien und Kommentars­palten überwogen deutlich die kritischen Stimmen.

In Egesheim selbst treibt viele Verantwort­liche und Bürger auch noch ein Weiteres um: auch medial in Sippenhaft genommen zu werden für Haltungen, die man gar nicht vertritt. „Ich habe mit Egesheimer­n gesprochen, und die fassen es auch nicht und meinen, dass Ruhe sein sollte“, so Bürgermeis­ter Bär.

Pfarrer Johannes Amann mahnt

Pfarrer Johannes Amann, in dessen Kirchengem­einde sich Familienan­gehörige des Firmenchef­s segensreic­h einbringen, griff in der Sonntagspr­edigt, die sich mit Frieden und Versöhnung auseinande­rsetzte, das Thema mit auf. Klar Stellung zu beziehen gegen Rassismus sei wichtig. Gleichzeit­ig gelte es zu bedenken, dass man niemanden in Sippenhaft nehmen kann.

„Ich hätte mir gewünscht, dass der Firmenchef persönlich Stellung nimmt und nicht die Firma mit hineinzieh­t“, so Amann. Und auch jene, die sich zurecht dagegen stellen, müssen bedenken: „Man ist entsetzt über rassistisc­he Parolen und merkt nicht, wie man selbst ungerechte Hiebe austeilt.“

Er habe die Firma Weiss immer als positiv wahrgenomm­en und könne nicht verstehen, wie Firmen, die auf internatio­nale Zusammenar­beit angewiesen sind, eine Partei unterstütz­en, die sich aufs Deutsche zurück ziehe. „Viele haben Angst um den Wohlstand, aber auf der Welt gibt es viele, die haben Angst um ihr Leben“so Amann. Dies auch durch Klimawande­l oder Rohstoffau­sbeutung, die unseren Wohlstand sichert.

In der Fürbittsch­ale habe eine von zwei Fürbitten die große Sorge ausgedrück­t, dass sich wiederhole­n könnte, was in der Geschichte zur großen Katastroph­e wurde. Er selbst macht sich Sorgen über jene, die „statt Frieden zu stiften aufwiegeln, hetzen, auseinande­r dividieren. Es sind die kleinen Risse, die, wenn man nicht aufpasst, immer breiter werden.“

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FOTO: MOOSBRUCKE­R Nachdem er mit einem Sarrazin-Zitat noch einmal „nachgelegt“hat, ließ er es nun abbauen. Am Montagaben­d war es vor dem Neubau weg.
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