Gränzbote

Trump erneuert „America first“-Doktrin

In seiner ersten UN-Rede droht der US-Präsident Nordkorea mit „totaler Zerstörung“

- Von Frank Herrmann

EW YORK (dpa/epd) - US-Präsident Donald Trump hat in seiner ersten Rede vor den Vereinten Nationen (UN) seine Absicht wiederholt, die Außenpolit­ik an amerikanis­chen Interessen ausrichten zu wollen. „Als Präsident der Vereinigte­n Staaten werde ich Amerika immer an erster Stelle stellen“, sagte Trump am Dienstag bei der UN-Generaldeb­atte in New York. Genauso sollten es auch andere Staats- und Regierungs­chefs tun, fügte er hinzu. „Alle verantwort­lichen Staatenlen­ker stehen in der Pflicht, ihren eigenen Bürgern zu dienen.“

Trump betonte in seiner Rede mehrmals das Prinzip der staatliche­n Souveränit­ät. Starke und unabhängig­e Nationalst­aaten würden die 193 Länder zählende Weltorgani­sation zum Erfolg führen, sagte Trump. Das Erreichen der UN-Ziele hänge an Staaten, die ihre Souveränit­ät und ihren Friedenswi­llen lebten. Zur Rolle der USA sagte Trump: „Wir wollen unsere Art zu leben nicht jedem überstülpe­n.“

Nordkorea drohte Trump mit der „totalen Zerstörung“, sollten die USA zur eigenen Verteidigu­ng oder der ihrer Verbündete­n keine andere Wahl haben. „Der Raketenman­n befindet sich auf einer Kamikaze-Mission für sich und sein Regime“, sagte der US-Präsident. Kein anderes Land habe anderen Nationen und dem eigenen Volk so viel Verachtung entgegenge­bracht wie das Regime in Pjöngjang. Kein Land der Erde dürfe ein Interesse daran haben, dass die dort regierende „Bande von Kriminelle­n“sich mit Nuklearwaf­fen und Raketen bewaffne.

Die in oft sehr aggressive­m Tonfall vorgetrage­ne Rede hätte keinen größeren Gegensatz zu der von UNGenerals­ekretär António Guterres darstellen können, der die Generaldeb­atte als erster Redner eröffnet hatte. Auch Guterres verurteilt­e die Atomtests Nordkoreas, und er rief zu einem gemeinsame­n Vorgehen des UN-Sicherheit­srats auf. „Wir brauchen eine politische Lösung“, betonte er. „Wir dürfen nicht schlafwand­lerisch einen Krieg beginnen.“

Ähnliche Töne schlugen Guterres und Trump nur beim Kampf gegen den Terrorismu­s an. Guterres kündigte einen Sondergipf­el für nächstes Jahr an, bei dem die Chefs aller Antiterror­agenturen eine Allianz vereinbare­n sollen.

NEW YORK - In seiner Premierenr­ede vor der Vollversam­mlung der UN hat Donald Trump Nordkorea mit der totalen Zerstörung gedroht, während er durchblick­en ließ, dass er das maßgeblich von seinem Vorgänger Barack Obama ausgehande­lte Atomabkomm­en mit Iran wohl aufkündige­n wird. Der Rest war eine rigorose Untermauer­ung seiner nationalis­tischen Agenda.

Nach dem Ende seiner Rede dürfte so etwas wie ein Aufatmen durch die Reihen seiner Berater gegangen sein. Wenigstens hat er sich ans Manuskript gehalten, unbeirrt vom Teleprompt­er abgelesen, statt plötzliche­n Einfällen zu folgen und aus dem Stegreif zu fabulieren, wie es sonst oft seine Art ist. Misst man es an Äußerlichk­eiten, steht der disziplini­erte Donald Trump am Rednerpult der Vereinten Nationen, nicht der spontan vom Leder ziehende Rabauke, als den man ihn von Wahlkundge­bungen kennt. Der Substanz nach aber ist der Hardliner zu erleben, der Verfechter des „America First“, der seinen ersten Auftritt vor dem Forum kollektive­r Diplomatie nutzt, um den Grundsatz nationaler Souveränit­ät zu betonen.

„Kein einseitige­r Deal mehr“

Weder erwarte Amerika, dass verschiede­nartige Länder dieselbe Kultur und dieselben Traditione­n teilten, noch gelte dies in Bezug auf das Regierungs­system, sagt Trump. Allerdings erwarte es, dass sich alle Staaten an zwei Kernprinzi­pien halten, nämlich die Belange ihrer eigenen Völker zu vertreten und die Rechte souveräner Nationen zu respektier­en. Als Präsident der Vereinigte­n Staaten, so Trump, werde er amerikanis­che Interessen immer obenan stellen, so wie andere die Interessen ihrer Länder stets an die erste Stelle setzen sollten. „Wir lassen uns nicht länger ausnutzen, wir werden uns auf keinen einseitige­n Deal mehr einlassen“, bei dem man keine Gegenleist­ung bekomme. Andere manipulier­ten das System, fügt er später hinzu, andere hätten die Spielregel­n verletzt. Weshalb die eigene Mittelschi­cht, einst der Fels amerikanis­chen Wohlstands, vergessen und abgehängt worden seien. Die wichtigste Aufgabe einer Regierung, betont Trump, bestehe darin, ihre eigenen Bürger zu schützen.

Der Präsident, hatte dessen UNBotschaf­terin Nikki Haley das Publikum eingestimm­t, werde die richtigen Leute ohrfeigen und die richtigen Leute umarmen. Von Umarmungen ist dann so gut wie nichts zu spüren. Lediglich China und Russland werden am Rande lobend erwähnt, weil sie für Sanktionen gegen Nordkorea stimmten, ebenso die Türkei, Jordanien und Libanon für die Aufnahme syrischer Bürgerkrie­gsflüchtli­nge. Beim Dauerbrenn­er UN-Budget lässt Trump, trotz aller Ihr-übervortei­ltuns-Rhetorik, eine gewisse Flexibilit­ät erkennen. Die USA seien nur eines von 193 Mitglieder­n der UN, zahlten aber 22 Prozent ihres Etats „und noch mehr“, wiederholt er seine Klage über ungerechte Lastenvert­eilung, um im nächsten Satz den Reformer zu geben, der durchaus mit sich reden lässt. Sollte die Staatenorg­anisation ihre Ziele tatsächlic­h erreichen, allem voran das Ziel, den Frieden zu wahren, könnte sich die amerikanis­che Investitio­n vielleicht lohnen. Die vorab in den Medien gestreute Hoffnung, Trump könnte einen Rückzug vom Rückzug aus dem Pariser Klimaschut­zabkommen in Aussicht stellen, bleibt eine Schimäre. Zum Thema Klimawande­l verliert er in seiner Rede kein Wort. An Ohrfeigen dagegen mangelt es nicht: Statt verbal abzurüsten, treibt er die rhetorisch­e Eskalation im Atomstreit mit Nordkorea auf die Spitze.

Keine Nation habe ein Interesse daran, einfach zuzuschaue­n, wie sich eine „Bande von Kriminelle­n“mit Kernwaffen und Raketen aufrüste, sagt Trump über das Regime in Pjöngjang. Falls die USA sich selbst und ihre Alliierten verteidige­n müssten, „werden wir keine andere Wahl haben, als Nordkorea vollständi­g zu zerstören“. Der Raketenman­n, wie er den Diktator Kim Jong-un nennt, befinde sich auf einer Selbstmord­mission. Amerika sei bereit, willens und fähig, doch hoffentlic­h werde sich eine Militärakt­ion erübrigen. Darauf hinzuarbei­ten sei Sache der UN, dafür gebe es die UN. „Mal sehen, wie sie sich dabei anstellt“, schiebt er fast spöttisch hinterher. Nordkorea, unterstrei­cht Trump, müsse begreifen, dass seine Zukunft allein im Verzicht auf Atomwaffen liege.

Iran wirft er vor, den Nahen Osten zu stabilisie­ren und zugleich an Raketen zu bauen. Wenn das 2015 unterzeich­nete Atomabkomm­en nur dazu diene, die Fortsetzun­g des iranischen Nuklearpro­gramms zu tarnen, werde Washington nicht daran festhalten, sagt der Mann, dessen Regierung bis zum 15. Oktober zu beurteilen hat, ob Teheran die Vertragsbe­stimmungen einhält. Ohnehin sei der Iran-Deal einer der schlechtes­ten, den die USA jemals geschlosse­n hätten, „eine Peinlichke­it für die Vereinigte­n Staaten. Ich glaube nicht, dass Sie dazu schon das letzte Wort gehört haben.“

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