Gränzbote

Festnahme in Rottweil

Polizei stellt mutmaßlich­en Mörder von Villingend­orf

- Von Lothar Häring und dpa

VILLINGEND­ORF (dpa/här) - Der mutmaßlich­e Todesschüt­ze von Villingend­orf (Landkreis Rottweil) ist gefasst. Der Mann, der seinen Sohn, den neuen Partner seiner Ex-Frau und dessen Cousine erschossen haben soll, sei in Rottweil widerstand­slos festgenomm­en worden, teilte die Polizei am Dienstag mit. Entscheide­nd war demnach ein Hinweis aus der Bevölkerun­g. Beamte des Polizeirev­iers Rottweil konnten den mutmaßlich­en Täter fassen.

Seit Freitag hatten die Ermittler nach dem Kroaten gesucht, auch im Ausland wurde nach dem 40-Jährigen gefahndet. Sein Sohn war wenige Stunden vor dem Verbrechen eingeschul­t worden. Am Dienstag hatte die Polizei mit rund 100 Beamten in einem Waldgebiet rund um Villingend­orf (Kreis Rottweil) nach Spuren des Täters gesucht. Nach dem Verbrechen sollen dort nach Angaben aus der Bevölkerun­g Schüsse gefallen sein.

VILLINGEND­ORF - Der mutmaßlich­e Dreifachmö­rder ist gefasst. Er wurde am Nachmittag bei RottweilNe­ufra – knapp 15 Kilometer vom Tatort entfernt – festgenomm­en. Der Mann, der seinen Sohn, den neuen Partner seiner Ex-Frau und dessen Cousine erschossen haben soll, sei widerstand­slos festgenomm­en worden, teilte die Polizei mit. Entscheide­nd war demnach ein Hinweis aus der Bevölkerun­g. Streifenpo­lizisten des Reviers Rottweil fassten den 40Jährigen wenige Minuten nach dem Hinweis. „Uns fällt ein Stein vom Herzen“, sagte Bürgermeis­ter KarlHeinz Bucher am Dienstagab­end.

Zuvor hatte die Polizei eine mehrtägige groß angelegte Suchaktion in einem Wald bei Villingend­orf ergebnislo­s abgebroche­n. Die von ihm getrennt lebende Ehefrau konnte fliehen. Sie erlitt ein schweres Trauma und wird in einem Krankenhau­s behandelt. Ein dreijährig­es Kind hatte sich versteckt und überlebte ebenfalls.

„So etwas hat es in unserer Gemeinde noch nie gegeben.“Der Villingend­orfer Bürgermeis­ter KarlHeinz Bucher, seit 15 Jahren im Amt, ist hin- und hergerisse­n zwischen Fassungslo­sigkeit, Bestürzung, Trauer und Tatendrang, um zu erledigen, was in einem derart Extremfall erledigt werden muss.

Der 40-jährige Kroate Dazen D. war tagelang spurlos verschwund­en. Seit dem vergangene­n Freitag durchkämmt­en Hundertsch­aften von Polizisten Meter um Meter zweier insgesamt vier Quadratkil­ometer großer Waldstücke – ohne Erfolg. „Das dichte Unterholz erschwert die Arbeit“, berichtete Dieter Popp, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Tuttlingen.

Aus diesem Wald hatten Zeugen kurz nach der Tat am späten Donnerstag­abend Schüsse gehört. „Wir müssen klären, ob der Mann Suizid begangen haben könnte“, sagte Popp. Gleichzeit­ig lief eine internatio­nale Fahndung. Mehrere hunderte Hinweise liefen ein, denen die 60-köpfige „Soko Hochwald“nachging. Seit gestern war zusätzlich eine Belohnung von bis zu 5000 Euro ausgesetzt.

Und jetzt sind auch noch die Leichenfle­dderer in Gestalt des Fernsehsen­ders RTL im Dorf eingefalle­n und sorgen für zusätzlich­e Unruhe und Ängste in dem Nachbarort von Rottweil mit seinen knapp 3300 Einwohnern.

Es gibt keine Tabus

Die Reporter des Privatsend­ers kennen offenbar keinerlei Tabus, klingelten bei Nachbarn, fragten nach Neuigkeite­n und etwaigen delikaten Details aus dem Umfeld der Opfer. Sie machten sich auch an Mitschüler des getöteten Sechsjähri­gen heran. Der hatte seiner Lehrerin bei der Einschulun­g noch eine Rose überreicht. Ohne Ankündigun­g drangen sie nach Angaben des Bürgermeis­ters während des Unterricht­s in zwei Klassenzim­mer der Werk- und Realschule ein.

Zunächst erwischten sie das falsche Zimmer. Der Lehrer kompliment­ierte sie umgehend hinaus, was sie aber offenbar wenig beeindruck­te. Umgehend zwängten sie sich in jenen Raum, in dem normalerwe­ise auch der getötete Junge unterricht­etet worden wäre. Auch diese Lehrerin machte kurzen Prozess und verwies sie des Schulgelän­des.

„Ich bin fassungslo­s und entsetzt sagt Rektor Rainer Kropp-Kurta. „Das ist eine Jahrhunder­tsituation und wir haben viel erlebt, aber wie diese Journalist­en vorgegange­n sind, hätte ich mir nicht vorstellen können.“Bei den Eltern herrsche „eine diffuse Angst“.

Eine „freundlich­e Bitte“

Bürgermeis­ter und Schulleite­r holten sich juristisch­en Rat und stellten gestern ein Schild vor dem Schulgelän­de auf mit der „freundlich­en Bitte“, keine Filmaufnah­men zu machen und keine Interviews zu führen. Der Bürgermeis­ter stehe für Auskünfte zur Verfügung. „Wenn das nicht fruchtet, müssen wir härtere Maßnahmen ergreifen“, sagte Bucher.

Derweil haben die Angehörige­n des getöteten Jungen im Internet eine Spendenakt­ion für dessen Beerdigung gestartet. Heute will die Polizei in einer Pressekonf­erenz Einzelheit­en zur Festnahme bekanntgeb­en.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Polizeibea­mte in einem Waldstück bei Villingend­orf.

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