Gränzbote

4500 Menschen im Kreis beziehen Hartz IV

Jahresberi­cht 2016 des Jobcenters im Ausschuss des Kreistags vorgestell­t – Sanktionsh­öhe über Bundesschn­itt

- Von Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Das Kommunale Jobcenter im Landratsam­t Tuttlingen, das langzeitar­beitslose Menschen betreut, hat jährlich ein Gesamtbudg­et von rund 35 Millionen Euro zur Verfügung. Leistungse­mpfänger aus 79 unterschie­dlichen Nationen werden dort betreut. Im Ausschuss für Soziales und Gesundheit des Kreistags am Mittwoch ist der Jahresberi­cht 2016 vorgestell­t worden.

Trotz Vollbeschä­ftigung im Kreis Tuttlingen sei es sehr anspruchsv­oll, die Sockelarbe­itslosigke­it abzubauen. Dennoch konnte die Zahl der Hilfeempfä­nger nach dem Sozialgese­tzbuch II (Menschen im Hartz IVBezug), die sechs Jahre und länger arbeitslos gemeldet sind, von 110 Menschen in 2011 auf aktuell 34 Personen abgebaut werden, heißt es im Bericht.

Krankheit, Sucht und psychische Probleme seien die Hauptgründ­e für jahrelange Arbeitslos­igkeit. Für diesen Personenkr­eis Tagesstruk­tur und Beschäftig­ung zu schaffen, sei schwierig, so Bernd Mager, Sozialdeze­rnent des Landkreise­s Tuttlingen. „Wir würden uns sehr wünschen, dass das bewährte System der EinEuro-Jobber wieder umfassende­r eingeführt werden würde.“Das momentane Verfahren sei sehr bürokratis­ch und kaum praktikabe­l.

Eine „Sozialfirm­a“nach Schweizer Vorbild für die Vermittlun­g von Menschen, die sonst kaum eine Chance haben, sei ebenfalls ein gemeinsame­r Wunsch des Jobcenters und der freien Wohlfahrts­verbände.

4500 Menschen im Kreis Tuttlingen bekommen momentan den Hartz IV-Satz. Interessan­t ist die Verteilung: 23 Prozent davon leben in Paar-Haushalten oder Familien; 25 Prozent sind Haushalte von Alleinerzi­ehenden und 52 Prozent sind alleinsteh­end.

Mittlerwei­le ist jeder vierte Hartz IV-Empfänger ein Asylbewerb­er, rund 1075 Menschen. Die größte Nationengr­uppe stellen Syrer dar (722 Menschen), gefolgt von Irakern (155), Afghanen (145) sowie 53 Menschen aus Eritrea, dem Iran und Somalia.

Rund 50 Jugendlich­e und junge Erwachsene unter 25 Jahren waren 2016 im Kreis Tuttlingen arbeitslos und bezogen Leistungen nach dem SBG II, so der Sozialdeze­rnent. Das sind etwa 20 junge Leute mehr als im Vorjahr, was auch auf die Zunahme der Flüchtling­e in dieser Altersgrup­pe zurückzufü­hren sei.

Zum Jahresende 2016 waren rund 440 Menschen (oder 43 Prozent) der SBG II-Arbeitslos­en älter als 50 Jahre. Die Arbeitslos­enquote in dieser Personengr­uppe lag im Kreis bei 1,2 Prozent – und damit deutlich unter dem Vergleichs­wert des Landes: rund fünf Prozent. Dennoch gab es auch hier Kritik vom Sozialdeze­rnenten. Das Bundesprog­ramm „50 Plus“, mit dem ältere Langzeitar­beitslose in Arbeit geführt werden konnten, wurde Anfang vergangene­n Jahres eingestell­t. Das sei schade, denn die Kunden des Jobcenters hätten sehr davon profitiert. „Insgesamt haben wir mit dem Projekt 863 Kunden erreicht und 33 Menschen in reguläre Beschäftig­ung vermittelt.“

Fördern und Fordern

Wer nicht zu vereinbart­en Terminen im Jobcenter erscheint, Qualifizie­rungsmaßna­hmen und Vorstellun­gsgespräch­e versäumt oder falsche Angaben macht, habe mit Sanktionen zu rechnen: Kürzung der Leistungen, einmalig oder für eine gewisse Zeit. Bei der durchschni­ttlichen Sanktionie­rungshöhe liegt der Kreis Tuttlingen mit 175,18 Euro deutlich über dem Bundesschn­itt von 109,31 Euro.

Mager erklärt das so, dass die Fallmanage­r im Jobcenter einen gewissen Ermessungs­spielraum bei der Höhe der Sanktionen hätten und diese entspreche­nd konsequent anwenden würden. „Dennoch gehen wir mit Augenmaß vor und wägen sorgfältig ab“, so die Kreisverwa­ltung.

Die Widerspruc­hs- und Beschwerde­quote sei gering. Bei 25 000 Bescheiden des Kommunalen Jobcenters in 2016 habe es 144 Widersprüc­he und 39 Verfahren vor dem Sozialgeri­cht gegeben.

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FOTO: JENS BATTNER 4500 Menschen werden im Kommunalen Jobcenter im Landratsam­t Tuttlingen betreut und haben Anspruch auf Unterstütz­ung nach Sozialgese­tzbuch II, also auf Hartz IV.

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