Ganz rechts
Trossingen scheint kein Bollwerk der politischen Mitte zu sein - zumindest lassen die Wahlergebnisse vom Sonntagabend Schlimmes erahnen. In fast allen Bezirken hat die AfD Ergebnisse weit über dem Bundesdurchschnitt erzielen können. Gleichzeitig haben einige etablierte Parteien herbe Verluste hinnehmen müssen.
Besonders von der CDU scheinen die Wähler in Scharen zur AfD abgewandert zu sein, diesen Schuss zumindest lassen die Zahlen zu. Die Frage ist, warum: Denn wer im Landkreis Tuttlingen lebt, der muss sich in aller Regel nicht um drohende Arbeitslosigkeit sorgen, wer in Trossingen wohnt, hat auch keine Erfahrungen mit ernsthaft negativen Begleiterscheinungen von Flüchtlingsunterkünften gemacht, wie sie aus manch anderen Orten gemeldet werden. Und trotzdem scheinen erschreckend viele Wähler in Trossingen ihre politische Heimat nicht bei den etablierten Parteien zu sehen, sondern am äußersten rechten Rand.
Wie auch schon bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr drängt sich ein Schluss fast auf: Die überdurchschnittlichen Zahlen hat die AfD wohl auch den Russland-Deutschen in Trossingen zu verdanken. Dieser Gedanke kommt auf, wenn man die einzelnen Ergebnisse der Wahlbezirke betrachtet und dort die höchsten AfD-Ergebnisse Trossingens findet, wo die meisten Spätaussiedler vermutlich leben.
Bewiesen ist damit noch nichts, doch wenn dem so ist, dann ist das extra bitter: Die Menschen, die vor zwei Jahrzehnten mit offenen Armen in Deutschland empfangen wurden, strafen nun besonders die CDU ab, weil sie mit Angela Merkel an der Spitze die Grenzen 2015 für Flüchtlinge zeitweise geöfnet hat. s.felker-henn@schwaebische.de