„Man muss sich gegenseitig auch mal Erfolge gönnen“
BERLIN - Schleswig-Holsteins Ministerpräsident
Daniel Günther
(CDU/ Foto: dpa) ist der einzige Landeschef, der eine Jamaika-Koalition anführt. Im Gespräch mit Andreas Herholz empfielt er, nicht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen.
Sie regieren in Schleswig-Holstein bereits mit Grünen und FDP. Könnte ein Jamaika-Bündnis auch im Bund funktionieren?
Unsere Erfahrungen sind nicht unmittelbar übertragbar. Auf Landesebene sind die Hürden nicht so hoch wie im Bund. Die Art und Weise, wie wir Jamaika in Kiel zusammengebracht haben, kann aber ein Beispiel für Berlin sein. Bei uns konnte jeder seine Positionen durchsetzen, für die er gewählt worden ist. Das empfehle ich auch für die Bundesebene: nicht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner suchen, sondern sich gegenseitig auch mal Erfolge gönnen! Das sollte auch zwischen den vier Parteien, die jetzt im Bund miteinander sprechen, möglich sein.
Die Union ist deutlich stärker als FDP und Grüne. Werden es trotzdem Gespräche auf Augenhöhe?
Koalitionsverhandlungen müssen auf Augenhöhe stattfinden. Es kann nicht einer wichtiger sein als der andere. Natürlich wird die Union mit ihren 33 Prozent ein gutes Gewicht in die Waagschale werfen. Wir müssen respektieren, dass jede der Parteien für bestimmte Themen gewählt worden ist. Die Union will und wird ein klares Profil behalten. Aber man muss zulassen, dass sich auch mal der andere durchsetzt. Wenn man in diesem Geist an die Sache herangeht, ist vieles möglich.
FDP und Grüne geben sich skeptisch, beide stellen Bedingungen. Stehen die Gespräche unter einem schlechten Stern?
Dass vor Beginn Forderungen abgesteckt werden, ist völlig normal. Man muss zunächst ein gutes Vertrauensverhältnis zueinander entwickeln, um die Hürden abzubauen. Wir müssen raus aus festgefahrenen Positionen und wirklich ergebnisoffen miteinander sprechen. Noch einmal: Jamaika im Bund hat nur dann Innovationskraft, wenn man sich auf mehr als den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt.
Sollte Jamaika scheitern: Wird es Neuwahlen geben oder womöglich doch eine Große Koalition?
Wenn eine Regierungsbildung ohne die SPD nicht möglich sein sollte, müssen die Sozialdemokraten über ihren Schatten springen. Dann muss auch eine Große Koalition möglich sein. Niemand würde verstehen, wenn nach einer solchen Wahl ernsthaft über Neuwahlen gesprochen würde.