Kreissparkasse schließt elf Filialen
Geringe Kundenfrequenz, Vormarsch des Internets: Endgültiges Aus für kleine Standorte
TUTTLINGEN - Die Kreissparkasse Tuttlingen schließt zum Jahresende ein Viertel ihrer Filialen im Landkreis Tuttlingen: Geschuldet der Wirtschaftlichkeit und der Tendenz, dass sich das Privatkundengeschäft immer mehr ins Internet verlagert, habe man sich zu diesem Schritt entschlossen, wie die Sparkassendirektoren Lothar Broda und Markus Waizenegger in einem Pressegespräch mitteilten. Die Schließungen treffen rund 2500 Kunden.
Betroffen sind die elf Filialen Aixheim, Gunningen, Durchhausen, Bärenthal, Irndorf, Königsheim, Mahlstetten, Renquishausen, Egesheim, Mühlheim Oberstadt und Tuttlingen Brückenstraße. Es handle sich um überwiegend kleine Filialen, die – mit Ausnahme der Tuttlinger Brückenstraße – nur stundenweise geöffnet waren, so das Führungsteam der Sparkasse. Deren Mitarbeiter kommen ab Januar 2018 in anderen Filialen unter. „Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen“, betont Broda, der wie Waizenegger von einem Dilemma zwischen Präsenz vor Ort und Wirtschaftlichkeit spricht.
„Strukturen, die sich nicht tragen“
Damit beschreitet die Kreissparkasse Tuttlingen einen Weg, den in der Vergangenheit bereits andere Banken wie die Volksbank, Raiffeisenbank und auch die Sparkassen der Nachbarregionen einschlugen. Denn auch im Landkreis Tuttlingen sprechen die Zahlen ein deutliches Bild: auf der einen Seite geringe Kundenfrequenz in etlichen Filialen, auf der anderen Seite die Zunahme des Online-Bankings und die Nutzung der hauseigenen Bank-App (siehe Grafik unten). So sei manch eine der Zweigstellen, die nun geschlossen werden, täglich von nur drei bis vier Besuchern frequentiert worden, sagte Waizenegger. „Das sind Strukturen, die sich nicht tragen.“
Eine eigens eingerichtete Projektgruppe hatte über mehrere Monate Datenmaterial analysiert. „Stand heute: Von knapp 60 000 Privatgirokonten sind knapp die Hälfte online – Tendenz steigend“, so Waizenegger. An den Schaltern verzeichne das Geldinstitut pro Jahr einen Rückgang von rund 30 000 Kundenbesuchen. Dazu kommt: Rund
zwei Drittel ihres Geschäfts bestreitet die Kreissparkasse mit Firmenkunden. Um auch für die Zukunft weiterhin gut aufgestellt und liquide zu sein, müsse man dieser Verschiebung Rechnung tragen. Man sehe es als öffentlichen Auftrag an, bei Firmenkunden Kreditklemmen zu verhindern und den Aufschwung zu finanzieren, hieß es von Seiten der Kreissparkasse.
Für Bürgermeister kommt Nachricht überraschend
Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden wurden am Freitag über die anstehende Filial-Schließung informiert. Für die meisten von ihnen kam die Nachricht überraschend und bereitet Sorgen um die Versorgung ihrer Bürger vor Ort. Zumindest einen Geldautomaten hätte sich Konstantin Braun, Bürgermeister aus Königsheim, gewünscht, der mit der Schließung seiner nach einem Wasserschaden frisch renovierten Zweigstelle nicht gerechnet hätte.
Auch Tobias Keller, Bürgermeister aus Bärenthal, ist alles andere als begeistert. „Wir haben jetzt keine Möglichkeit mehr, dass ältere Mitbürger Bankgeschäfte tätigen können“, sagt er. Rund 60 Bürger seiner kleinen Gemeinde sind älter als 70 Jahre – „und davon sind nun viele darauf angewiesen, dass andere ihnen helfen“, meint er. Er habe das subjektive Gefühl gehabt, dass die Bärenthaler Filiale gut angenommen worden sei. Da die Kreissparkasse im Jahr 2016 noch vor Ort investiert habe und die Sicherheitsvorrichtungen auf den neuesten Stand brachte, sei die Nachricht der endgültigen Schließung für ihn „völlig überraschend“gekommen. „Es ist traurig“, so seine Reaktion. Auch Heike Ollech, Bürgermeisterin aus Gunningen, zeigt sich alles andere als einverstanden mit den Plänen der Kreissparkasse. „Ich habe Herrn Broda gebeten, im Verwaltungsrat zu besprechen, ob die Gunninger Filiale nicht wenigstens an ein oder zwei Tagen pro Woche für kurze Zeit geöffnet werden könne“, sagt sie. Ihr Anliegen sei es, dass die älteren Menschen zu Fuß laufen könnten – anstatt in Nachbarorte wie Schura oder SeitingenOberflacht ausweichen zu müssen. „Ältere Menschen kann man auch nicht mehr zumuten, zum Online-Banking überzugehen“, betont sie.
Zu Lasten älterer Menschen
Dass die Filialschließungen vor allem zu Lasten älterer Menschen gehen, ist auch der Kreissparkasse bewusst. In den betroffenen Gemeinden will die Kreissparkasse nun einen Bargeld-Service anbieten: Einmal pro Monat kann bei der Bank gebührenfrei Bargeld bestellt werden, das dann am nächsten Tag nach Hause geliefert wird. Automaten zu installieren, wäre laut Auskunft der Bank zu teuer.