Eßlinger Ortsarchiv zieht um
Bestände werden in Möhringen eingelagert – Eßlinger Archivgut muss restauriert werden
TUTTLINGEN-ESSLINGEN (clst) - In der ersten Sitzung nach der Sommerpause hat sich der Ortschaftsrat Eßlingen mit dem Verbleib des ortseigenen Archivs befasst, dessen Unterbringung in den nicht geeigneten Räumen des Rathauses Eßlingen den Bestand gefährdet.Auf Rat von Alexander Röhm, Archivar der Stadt Tuttlingen, haben die Räte beschlossen: „Die historischen Bestände des Teilortsarchivs werden in das Möhringer Ortsarchiv gebracht.“
Einfach haben es sich die Eßlinger Ortschaftsräte mit der Entscheidung nicht gemacht. Udo Schuhknecht verwies auf den Ortschaftsratsbeschluss, dass die historischen Eßlinger Dokumente im Ort verbleiben sollten – und trat aus persönlicher Überzeugung dafür ein. Letztlich überwog allerdings die Auffassung, dass es in erster Linie um den Erhalt der für die Ortsgeschichte wertvollen Unterlagen geht. Das älteste Fundstück aus Eßlingen stammt aus den Jahren 1650/1660.
Um die Unterlagen auch für die nächsten Jahrhunderte für die Öffentlichkeit erhalten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein: Die Reinheit des Lagerraums, die beständige Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent sowie die Temperatur mit 18 Grad, erklärte Archivar Röhm. „Bei den Eßlinger Unterlagen waren und sind diese Voraussetzungen nicht gegeben.“
Es wurde festgestellt, dass die Unterlagen wahrscheinlich zuvor auf einem Speicher gelagert und dort den extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt waren, bevor sie in den Raum im Erdgeschoss des Rathauses verlagert wurden. „Bei der ersten Sichtung habe ich große Defizite, und eine große Unordnung bis zu den 50er-Jahren festgestellt, danach war es besser“, bemerkte Röhm. Zusammen mit seinem Team habe er in aufwändiger Arbeit die Unterlagen ordnen müssen.
Der Raum im Erdgeschoss kam ihm zu kalt vor und der Luftfeuchtigkeit traute Röhm auch nicht. Ortsvorsteher Hartmut Wanderer wurde beauftragt, diese über eineinhalb Jahre regelmäßig zu messen. Mit dem Ergebnis, dass es zu große Schwankungen gab. „Von den rund 14 Metern gelagertem Papier sind gut zweieinhalb Meter mit Schimmel befallen. Der Bestand ist sehr verschmutzt, Buchrücken platzen. Das hat der von mir im Frühjahr 2017 beauftragte Restaurator festgestellt“, meinte Röhm.
Um den Erhalt der Unterlagen zu sichern, müssen diese nach aufwändiger Restauration dementsprechend untergebracht werden. „Damit die Arbeit nicht umsonst ist. Sonst beginnen wir nach zehn Jahren von vorne“, stellte der Archivar fest. In Möhringen seien die Voraussetzungen, beispielsweise durch eine Klimaanlage mit Luftbefeuchtung, gegeben. Mit speziellen Archiv-Klimaschränken könne nicht gearbeitet werden, so Röhm, da diese zu klein und der finanzielle Aufwand nicht gerechtfertigt sei. Dies sei auch der Fall bei einer Digitalisierung der Unterlagen, da nur mit einer Spezialfirma und Spezialgeräten gearbeitet werden könnte, oder dem Einbau einer speziellen Klimaanlage in dem bisherigen Raum.
Eine Behandlung der befallenen Akten mit toxischen, die Gesundheit gefährdenden Gasen komme für ihn nicht in Frage, sagte Röhm. Das Auswischen jedes einzelnen Blattes mit einer Alkohollösung sei zeitlich zu aufwändig. Die Unterlagen, so Röhm, könnten auf Anfrage von den Bürgern jederzeit eingesehen werden, auch in Möhringen. „Allerdings hatte ich seit meinem Amtsantritt 2014 nur zwei Anfragen von Eßlinger Bürgern“, erklärte er. Ortsvorsteher Wanderer wies darauf hin, dass während seiner Amtszeit noch keine Anfrage auf Einsicht gestellt worden sei.