Iris Berben will nicht sprachlos sein
Mit ihrem musikalisch-literarischen Abend „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“will sie die Erinnerung wach halten
TUTTLINGEN (sz) - Iris Berben eine der bekanntesten und vielseitigsten deutschen Schauspielerinnen, kommt am Samstag, 21. Oktober, um 20 Uhr in die Stadthalle Tuttlingen. Zusammen mit dem Pianisten Benjamin Moser, 2007 Preisträger des renommierten Tschaikowskywettbewerbs in Moskau, gestaltet die zweifache Grimme-Preisträgerin das Programm „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“.
Die literarisch-musikalische Hommage an das Werk der jungen Lyrikerin Selma Meerbaum-Eisinger ist im Rahmen des „14. Tuttlinger Literaturherbsts“zu erleben und bringt Musik von Franz Schubert bis John Williams („Schindlers Liste“). Wichtiges Anliegen der Künstler und der Veranstalter ist es, auch durch kulturelle Beiträge die Erinnerung an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte wach zu halten.
Selma Meerbaum-Eisinger starb 1942 mit 18 Jahren im KZ Michailowka an Typhus. Sie gehört zusammen mit Rose Ausländer und Paul Celan zum literarischen Dreigestirn von Czernowitz. Vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Verfolgung schrieb die junge Lyrikerin Gedichte, die in ihrer zeitlosen Ästhetik weit mehr als nur ein Zeugnis der drohenden Vernichtung des osteuropäischen Judentums und seines blühenden kulturellen Lebens sind.
Gedanken und Sprache Meerbaums standen in tiefstem Widerstand zu allem, was den Nationalsozialismus Hitlers ausmachte. 58 Gedichte hatte sie sorgfältig mit Füller auf Einzelseiten geschrieben und zu einem Album gebunden, das sie mit „Blütenlese“betitelte und dem sie als letzten Satz anfügte: „Ich habe keine Zeit gehabt zu Ende zu schreiben“. Ihr Werk, mal sehnsuchtsvoll, mal melancholisch und immer auch jugendlich Und Iris Berben bringt sie auf die Bühne, zusammen mit Benjamin Moser, der sie mit seinem Spiel „umhüllt“und Stücke von Sergej Rachmaninov, Franz Schubert, Edvard Grieg, Johannes Brahms, Robert Schumann, Johann Sebastian Bach und John Williams beisteuert. Iris Berben selbst sagt über das Projekt: „In dieser Zeit, in der sich Anzeichen von Rechtsradikalismus mehren, muss dieses Thema im Bewusstsein der Öffentlichkeit erhalten bleiben. Denn jeder Tag, der vergeht, vernichtet die Zeugnisse der Vergangenheit.“
Iris Berben ist eine engagierte Kämpferin gegen das Vergessen, gegen Antisemitismus und für Toleranz. „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“ist nach den Tagebüchern von Anne Frank und Joseph Goebbels, nach ihren Lesungen „Hitlers Tischgespräche hoffnungsvoll, ist geblieben. aus dem Führerhauptquartier und Aufzeichnungen von Holocaust-Opfern“sowie „Verbrannte Bücher – Verfemte Komponisten“das nächste Projekt, das sie der Aufarbeitung der Geschichte und der Mahnung der Gegenwart widmet.
Die eigentliche Entdeckung der jungen jüdischen Dichterin Meerbaum-Eisinger erfolgte durch eine Stern-Reportage des Journalisten und Exil-Forschers Jürgen Serke. Er veröffentlichte das Werk der Lyrikerin unter dem Titel „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“. Karten gibt es bei der Ticketbox, Telefon 07461 / 91 09 96 sowie bei den bekannten Vorverkaufsstellen des KulturTickets Schwarzwald-Baar-Heuberg in den Landkreisen RW, VS und TUT und unter
www.tuttlinger-hallen.de