Fotografiken beflügeln die Fantasie
Vernissage im Theater-Bahnhof wird mit vielseitigem Programm zum Mammut-Event
MÜHLHEIM - Veronika Grüger schafft aus Landschaftsfotografien „Fantasiewelten“. Die so betitelte Ausstellung ihrer Fotografiken ist am Samstagabend im charmanten Ambiente des Mühlheimer TheaterBahnhofs mit einem spartenübergreifenden Dreieinhalb-StundenEvent eröffnet worden.
Die Gastgeber Martin Bachmann und Cécile Legrand lieferten zu den Bildern die passgenaue Theater-Performance, und die Gitarristen Massimo Serra und Björn Mester zeichneten als Duo „Guisème“anschließend musikalische Fantasiewelten.
Bürgermeister Jörg Kaltenbach – die Stadt Mühlheim war Kooperationspartner der Veranstaltung – hatte bei seiner Begrüßung Glückwünsche für die beiden Figurenspieler vom Theater-Bahnhof im Gepäck: Seit 30 Jahren steht Martin Bachmann in diesem Jahr auf der Theaterbühne, und seine Frau Cécile Legrand feiert ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum gleich mit.
Grafik-Designerin Veronika Grüger hält Momentaufnahmen im Alltag mit einer Kompaktkamera fest, die sie stets bei sich trägt. „ Der kreative Prozess beginnt später, beim Ansehen“, erklärte Laudator Jörg Mai. Der aus Dresden zur Vernissage angereiste freischaffende Künstler war Grügers Studienkollege an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. „Mit Fotografieren hat Veronikas Kunst nur wenig zu tun.“
Mit vertikalen und horizontalen Spiegelungen verleiht Grüger ihren Landschaftsaufnahmen ein zauberhaftes Eigenleben. Aus Felsformationen scheinen bei genauerem Betrachten immer neue Steinkobolde und fantastische Tiere zu wachsen. Horizontal gespiegelte Bäume schaffen ungewohnte Raumeindrücke, Freiräume zwischen Ästen geben überraschende Durchblicke frei. An der vertikalen Spiegelachse nehmen im diffusen Licht zwischen den Bäumen filigrane Fantasiefiguren aus Zweigen und auf den ersten Blick unscheinbaren Pflanzenteilen Gestalt an. Wie gemalt tanzen einzelne Blätter über die Szenerie, und auch das Licht, das durch die Spiegelung symmetrisch von zwei Seiten gleichzeitig einfällt, lässt Erinnerungen an surrealistische Gemälde aufkommen.
Die Ausstellungsfläche im Foyer und im Aufführungsraum ist überschaubar, doch die 30 meist großformatigen Grafiken sind geschickt platziert. Besonders intensiv entfalten sie ihre Wirkung vor den schwarzen Vorhängen im Bühnensaal. Die Bilder hatten auch Martin Bachmann und Cécile Legrand inspiriert: In acht Miniaturen spiegelten sie szenisch Grügers Themen. Da ließ sich im Spiel von Licht und Schatten ein Vogel auf einem Ast mitten in einem der Bilder nieder, da ritten fantasievolle „Stock-Männer“aus Stecken und Ästen über die Bühne oder bewegten sich mit Schwimmbewegungen auf den See in einer der Grafiken zu. Mit Gottfried Kellers „Waldlied“beschwor Martin Bachmann die archaische Kraft der Bäume herauf, um die Zuhörer gleich danach keck mit Ringelnatz zum übermütigen „Wolkengezupf“und „Grashüpferhupf“aufzufordern.
Fotografiken inspirieren auch die Musiker
Auch während des anschließenden Gitarrenkonzerts gab es noch Gelegenheit, den Blick über die Exponate schweifen zu lassen. Mit Eigenkompositionen zum Thema „Inseln“beflügelten Massimo Serra, Gitarrenlehrer an der Musikschule Tuttlingen, und sein Duo-Partner Björn Mester die Fantasie ihrer Zuhörer musikalisch. Programmmusik mit Titeln wie „Windspiele“oder „The Last Kingdom of Fantasy“fügte sich harmonisch in den Abend. Musikalisch bot „Guisème“ein Spektrum von der Ballade über jazzige Anklänge an Baden Powell, ein brasilianischer Gitarrist. Ein Titel fiel rhythmisch zwar ein wenig aus dem Rahmen, schien aber dennoch wie geschaffen als musikalisches Pendant zu den Baumbildern: „Knock on Wood“, eine Reminiszenz an Eddie Floyds gleichnamigen Titel aus den 1960er Jahren, der auch durch die „Blues-Brothers“im Kino bekannt wurde.
In der zweiten Hälfte des Konzerts ging es nicht mehr so eng zu wie zu Beginn des Abends. Viele Unentwegte kosteten das Programm jedoch aus, bis mit den flirrenden Klängen der sardischen Elfen auch der endgültig letzte Gitarrenton verklungen war.
„Fantasiewelten – verzauberte Landschaften“Druckgrafiken endet mit einer Finissage am 28. Januar. Öffnung nach Vereinbarung unter Telefon 07463 / 258 00 07).