Stadt bringt Archive in Ordnung
Stadtarchivar Alexander Röhm sieht einiges an Kosten auf die Stadt Tuttlingen zukommen
Bestände in Stadt und Ortsteilen müssen von Schimmel befreit werden.
TUTTLINGEN - Die Stadt Tuttlingen möchte ihr Archiv in Ordnung bringen und so aufbereiten, dass man mit dem Bestand arbeiten kann. Daher stellte Archivar Alexander Röhm in der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses des Gemeinderats einen aktuellen Sachstandsbericht für die Archive in den Ortsteilen vor. Klar wurde dabei, in allen drei Beständen müssen Archivalien vom Schimmel befreit werden oder restauriert werden.
Röhm verdeutlichte, dass die richtige Lagerung der Akten von entscheidender Bedeutung sei, damit diese für die Nachwelt gut erhalten bleiben können. Dazu zählt der richtige Standort, ein hoher Grad an Sauberkeit und die sichere Verwahrung vor Dritten. „Ein schwankungsarmes Klima ist aber das A und O“, betonte Röhm. So sollten die Archivalien bei etwa 18 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent aufbewahrt werden. Sei die Luftfeuchtigkeit zu hoch, entstehe Schimmel. Sei sie zu niedrig, würden Risse entstehen. Eine zu hohe Temperatur würde zudem die organische Alterung beschleunigen.
Eßlingen
Im vergangenen Jahr wurden die Akten, die im Eßlinger Rathaus hinter dem Aufenthaltsraum der Feuerwehr lagern, gesichtet und grundgeordnet. Röhm monierte, dass der Raum auch als Abstellraum benutzt wurde und eine Heizungsleitung für hohe Luftfeuchtigkeit gesorgt hat. Das hatte zur Folge, dass etwa 2,5 Meter der insgesamt 14 Meter langen Archivalien jetzt verschimmelt sind. Dazu sind zahlreiche alte Akten beschädigt, da sie wohl längere Zeit auf einem Dachboden gelagert worden waren, in den Wasser eingedrungen war. Die Kosten für die Restauration wurde bereits im vergangenen Jahr beantragt. Wenn die Archivalien wieder hergestellt seien, müssten sie anders gelagert werden. Röhm sprach sich dafür aus, die Archivalien nach Möhringen zu überführen.
Möhringen
Die Archivalien in Möhringen lagerten bisher im Gewölbekeller im Rathaus. In den 1990er-Jahren seien die Unterlagen extrem verschimmelt gewesen. Das sei aber behoben worden. Auch sei ein geeigneter Archivraum mit Rollregalen und einer permanenten Klimaüberwachung eingerichtet worden. Trotzdem gebe es altersbedingte Beschädigungen, für deren Beseitigung ein Budget für das Jahr 2019 eingestellt werden sollte. Wenn die Archivalien aus Eßlingen nach Möhringen überführt werden sollten, dann gebe es bald ein Kapazitätsproblem. „In fünf bis zehn Jahren müssen wir dann über einen zweiten Archivraum sprechen“, sagte Röhm.
Nendingen
In Nendingen gibt es im Rathaus zwei Archivräume. Im größeren der beiden Räume herrschen zu warme Temperaturen und eine zu hohe Luftfeuchtigkeit: „Es gibt Beschädigungen, aber noch keinen Schimmel“, sagte Röhm. Im zweiten Raum seien die Bedingungen für die richtige Lagerung der Archivalien noch schlechter. Dort gibt es auch Schimmelbefall der Archivalien. Röhm rechnet damit, dass die Restauration und Schimmelentfernung 20 000 bis 25 000 Euro kosten wird. „Wenn wir die klimatischen Bedingungen nicht ändern, dann stehe ich in fünf Jahren wieder hier und erzähle das Gleiche“, sagte der Stadtarchivar. Daher soll aus den zwei Räumen ein großer Archivraum entstehen, der auch mit einer Klimatisierung versehen werden sollte. Die Kosten dafür würden sich auf 107 000 Euro beziffern. „Wir müssen jetzt etwas machen, sonst ist das Archiv irgendwann verloren“, betonte Röhm.
Die Diskussion
Für Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck steht fest: „Das Archiv ist erhaltenswert. Wir müssen die Bücher aufheben, damit die Nachwelt auch davon etwas hat.“HansMartin Schwarz (LBU) wollte wissen, ob es Versäumnisse gegeben habe. Er tue sich schwer, über seine Vorgänger zu urteilen, sagte Röhm. Aber: „Die Bedingungen waren bekannt“, sagte er. Allerdings sei die Stelle des Stadtarchivars länger nicht besetzt gewesen. Auf Nachfrage von Carl-Roland Henke (Freie Wähler) berichtete Röhm, dass die Archivalien nicht durch Feuer, sondern eher durch Wasser, etwa wegen geplatzter Leitungen, bedroht seien. Sollten die Akten nass werden, dann müssten im Prinzip die Kühlhäuser der Metzgereien beschlagnahmt werden: „Die Archivalien müssten dann so schnell wie möglich auf minus 20 Grad gekühlt werden“, sagte Röhm.
300 bis 400 Anfragen würden im Stadtarchiv pro Jahr ankommen. Vor allem gehe es dabei um Familienforschung. Anfragen seien schon aus Australien und Brasilien gekommen.