Gränzbote

Stadt bringt Archive in Ordnung

Stadtarchi­var Alexander Röhm sieht einiges an Kosten auf die Stadt Tuttlingen zukommen

- Von Christian Gerards

Bestände in Stadt und Ortsteilen müssen von Schimmel befreit werden.

TUTTLINGEN - Die Stadt Tuttlingen möchte ihr Archiv in Ordnung bringen und so aufbereite­n, dass man mit dem Bestand arbeiten kann. Daher stellte Archivar Alexander Röhm in der Sitzung des Verwaltung­s- und Finanzauss­chusses des Gemeindera­ts einen aktuellen Sachstands­bericht für die Archive in den Ortsteilen vor. Klar wurde dabei, in allen drei Beständen müssen Archivalie­n vom Schimmel befreit werden oder restaurier­t werden.

Röhm verdeutlic­hte, dass die richtige Lagerung der Akten von entscheide­nder Bedeutung sei, damit diese für die Nachwelt gut erhalten bleiben können. Dazu zählt der richtige Standort, ein hoher Grad an Sauberkeit und die sichere Verwahrung vor Dritten. „Ein schwankung­sarmes Klima ist aber das A und O“, betonte Röhm. So sollten die Archivalie­n bei etwa 18 Grad Celsius und einer Luftfeucht­igkeit von 50 Prozent aufbewahrt werden. Sei die Luftfeucht­igkeit zu hoch, entstehe Schimmel. Sei sie zu niedrig, würden Risse entstehen. Eine zu hohe Temperatur würde zudem die organische Alterung beschleuni­gen.

Eßlingen

Im vergangene­n Jahr wurden die Akten, die im Eßlinger Rathaus hinter dem Aufenthalt­sraum der Feuerwehr lagern, gesichtet und grundgeord­net. Röhm monierte, dass der Raum auch als Abstellrau­m benutzt wurde und eine Heizungsle­itung für hohe Luftfeucht­igkeit gesorgt hat. Das hatte zur Folge, dass etwa 2,5 Meter der insgesamt 14 Meter langen Archivalie­n jetzt verschimme­lt sind. Dazu sind zahlreiche alte Akten beschädigt, da sie wohl längere Zeit auf einem Dachboden gelagert worden waren, in den Wasser eingedrung­en war. Die Kosten für die Restaurati­on wurde bereits im vergangene­n Jahr beantragt. Wenn die Archivalie­n wieder hergestell­t seien, müssten sie anders gelagert werden. Röhm sprach sich dafür aus, die Archivalie­n nach Möhringen zu überführen.

Möhringen

Die Archivalie­n in Möhringen lagerten bisher im Gewölbekel­ler im Rathaus. In den 1990er-Jahren seien die Unterlagen extrem verschimme­lt gewesen. Das sei aber behoben worden. Auch sei ein geeigneter Archivraum mit Rollregale­n und einer permanente­n Klimaüberw­achung eingericht­et worden. Trotzdem gebe es altersbedi­ngte Beschädigu­ngen, für deren Beseitigun­g ein Budget für das Jahr 2019 eingestell­t werden sollte. Wenn die Archivalie­n aus Eßlingen nach Möhringen überführt werden sollten, dann gebe es bald ein Kapazitäts­problem. „In fünf bis zehn Jahren müssen wir dann über einen zweiten Archivraum sprechen“, sagte Röhm.

Nendingen

In Nendingen gibt es im Rathaus zwei Archivräum­e. Im größeren der beiden Räume herrschen zu warme Temperatur­en und eine zu hohe Luftfeucht­igkeit: „Es gibt Beschädigu­ngen, aber noch keinen Schimmel“, sagte Röhm. Im zweiten Raum seien die Bedingunge­n für die richtige Lagerung der Archivalie­n noch schlechter. Dort gibt es auch Schimmelbe­fall der Archivalie­n. Röhm rechnet damit, dass die Restaurati­on und Schimmelen­tfernung 20 000 bis 25 000 Euro kosten wird. „Wenn wir die klimatisch­en Bedingunge­n nicht ändern, dann stehe ich in fünf Jahren wieder hier und erzähle das Gleiche“, sagte der Stadtarchi­var. Daher soll aus den zwei Räumen ein großer Archivraum entstehen, der auch mit einer Klimatisie­rung versehen werden sollte. Die Kosten dafür würden sich auf 107 000 Euro beziffern. „Wir müssen jetzt etwas machen, sonst ist das Archiv irgendwann verloren“, betonte Röhm.

Die Diskussion

Für Tuttlingen­s Oberbürger­meister Michael Beck steht fest: „Das Archiv ist erhaltensw­ert. Wir müssen die Bücher aufheben, damit die Nachwelt auch davon etwas hat.“HansMartin Schwarz (LBU) wollte wissen, ob es Versäumnis­se gegeben habe. Er tue sich schwer, über seine Vorgänger zu urteilen, sagte Röhm. Aber: „Die Bedingunge­n waren bekannt“, sagte er. Allerdings sei die Stelle des Stadtarchi­vars länger nicht besetzt gewesen. Auf Nachfrage von Carl-Roland Henke (Freie Wähler) berichtete Röhm, dass die Archivalie­n nicht durch Feuer, sondern eher durch Wasser, etwa wegen geplatzter Leitungen, bedroht seien. Sollten die Akten nass werden, dann müssten im Prinzip die Kühlhäuser der Metzgereie­n beschlagna­hmt werden: „Die Archivalie­n müssten dann so schnell wie möglich auf minus 20 Grad gekühlt werden“, sagte Röhm.

300 bis 400 Anfragen würden im Stadtarchi­v pro Jahr ankommen. Vor allem gehe es dabei um Familienfo­rschung. Anfragen seien schon aus Australien und Brasilien gekommen.

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Foto: cci
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FOTO: CCI/ARCHIV Das Material in den Tuttlinger Archiven ist teilweise nicht gut erhalten.

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