Gränzbote

Europaparl­ament will Entsenderi­chtlinie reformiere­n

Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“soll rechtlich besser verankert werden

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - Die umstritten­e Entsenderi­chtlinie wird reformiert. Am Montagaben­d sprach sich der Arbeitsund Sozialauss­chuss des Europaparl­aments mit großer Mehrheit dafür aus, den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“künftig rechtlich besser zu verankern. Statt der Dienstleis­tungsfreih­eit im Binnenmark­t sind künftig die Arbeitnehm­errechte die Richtschnu­r, an der sich die Justiz orientiere­n muss.

Die Abgeordnet­en übernahmen im Wesentlich­en einen Vorschlag, den die EU-Kommission im März 2016 vorgelegt hatte. Aus Sicht der Kommission ist eine Überarbeit­ung nötig, weil seit der Aufnahme Bulgariens und Rumäniens im Jahr 2007 deutlich mehr Billiglohn­kräfte als zuvor in den westlichen Hochlohnlä­ndern beschäftig­t werden und ortsansäss­ige Firmen unterbiete­n. Mit der 1996 geschaffen­en Entsenderi­chtlinie sei das Problem nicht mehr in den Griff zu bekommen. Während Hochlohnlä­nder wie Frankreich und Deutschlan­d ihre heimischen Unternehme­n vor Billigkonk­urrenz schützen wollen, sehen vor allem Polen aber auch die übrigen Ostblockst­aaten den Wettbewerb­svorteil durch niedrigere Arbeitskos­ten schwinden.

2015 waren in der EU 2,05 Millionen Entsendung­en registrier­t, 41,3 Prozent mehr als im Jahr 2010. Jeder zweite entsandte Arbeitnehm­er wird in Belgien, Frankreich oder Deutschlan­d eingesetzt. Polen ist mit Abstand das Land mit den meisten Entsendung­en, gefolgt von Frankreich und Deutschlan­d. Doch die Statistik zeigt auch, dass aus Frankreich und Deutschlan­d vor allem hoch bezahlte Fachleute für kurze Zeit zu Montage oder Reparatur in andere EU-Länder entsandt werden, während polnische Firmen Bauarbeite­r für lange Zeiträume schicken, denen teilweise Transport, Kost und Logis vom vor Ort geltenden Mindestloh­n abgezogen werden. Das soll nach der Reform nicht mehr möglich sein. Vom ersten Einsatztag an müssen die Arbeiter den gleichen Tariflohn wie ihre heimischen Kollegen erhalten, inklusive aller Zulagen.

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