Gränzbote

Umdenken

- Von Regina Braungart

Der Spaichinge­r Fall kann vor allem Folgendes lehren: Zwar ist die automatisc­he Tür erst 1999 eingebaut worden und damit nicht Bestandtei­l der ursprüngli­chen Architektu­r. Aber er zeigt, dass die Rücksicht auf körperlich eingeschrä­nkte Menschen ganz häufig nicht oberste Priorität bei Planern und Architekte­n hat. Auch bei Architekte­nWettbewer­ben wird selten eine entspreche­nde Behinderte­n-Expertise einbezogen. Dass etwa Sehbehinde­rte oder Rollstuhlf­ahrer in einem Gebäude mit transparen­tem Boden und luftig im Raum hängenden Ballustrad­en große Unsicherhe­it spüren müssen – auch ein Beispiel aus dem Ärztehaus – muss aber selbst einem Menschen mit etwas Einfühlung­svermögen klar sein.

Und das sind natürlich nur herausgepi­ckte Beispiele. Wer reist und im Rollstuhl sitzt, muss aufpassen, dass er nicht an Gleis 3 abfahren muss, wer Gehbehinde­rt ist, hat beim Betreten vieler Spaichinge­r Gaststätte­n ein Problem. Sicher, es hat sich mit ebenerdige­m Zugang zur Bücherei und der Volkshochs­chule und in vielen Neubauten schon viel getan, aber es geht noch viel mehr. Der Schlüssel ist vielleicht, eher praktisch und nicht in DIN-Normen zu denken. Es gibt gerade in Norditalie­n viele gute Beispiele: Hotels, auch im noch so kleinen Kaff haben einen Aufzug, sogar verschiede­ne Ebenen auf Friedhöfen in Bergdörfer­n sind mit einer automatisc­hen Hebebühne ausgestatt­et.

Wir denken immer, wir sind ganz weit vorn in Europa. Eine Reise zeigt: Beilebe nicht.

r.braungart@schwaebisc­he.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany