„Scherz“: Salutschüsse haben Konsequenzen
„Tradition“zum Ruhestand vor dem Schwarzen Tor – Offenbar G3-Gewehr verwendet
ROTTWEIL (sbo) - Die Geschichte klingt so skurril, dass man sie kaum glauben kann. Polizeibeamte fahren mit Blaulicht durch das Schwarze Tor in die historische Innenstadt von Rottweil, steigen aus, schießen mit Platzpatronen in die Luft und fahren wieder ab. So geschehen am Vortag der großen Turmeinweihung, während gerade Betonpoller gegen mögliche Attentate aufgestellt werden.
Es sollte mit den Schüssen ein Kollege in den Ruhestand verabschiedet werden. Ein „Scherz“. Doch damit nicht genug: Jetzt stellt sich heraus, so berichtet der Schwarzwälder Bote, dass dabei eine Kriegswaffe, ein G3-Gewehr verwenden worden sein soll.
Solch eine Kriegswaffe aus dem Hause Heckler&Koch findet sich in jedem Revier. Zum Einsatz kommt es in der Regel nur zur Tötung von entlaufenen Schlachttieren – und in Rottweil offensichtlich bei der Verabschiedung von Polizeibeamten in den Ruhestand. Nach Informationen des Schwarzwälder Boten gehören die Polizeibeamten, die mit Blaulicht durchs Schwarze Tor fuhren und zwei Platzpatronen abfeuerten, einer Dienstgruppe an. Solche SalutSchüsse hätten auf ihrer Schicht „Tradition“. Ein Schuss soll den Dienstbeginn, der andere das Dienstende symbolisieren.
Verantwortlich für den Einsatz des G3 sei der Dienstgruppenleiter, beziehungsweise seine Vertretung. „Ohne dessen Wissen, kommt ein G3 nicht zum Einsatz“, erläutert Polizeisprecher Michael Aschenbrenner vom Polizeipräsidium Tuttlingen auf Anfrage. Das G3 gehöre ebenso wie die Pistole „HK P2000“und die Maschinenpistole (MP3/MP7) zu den Dienstwaffen der Polizei in BadenWürttemberg. Deshalb sei jeder Polizeibeamte zum Führen des G3, auch wenn es sich um eine handelt, berechtigt.
Aufgrund dieser rechtlichen Grundlage sieht Frank Grundke von der Staatsanwaltschaft keine Straftat vorliegen. „Möglicherweise handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, weil die Beamten die Waffe missbräuchlich verwendet haben“, erläutert er. Dann kommen sie mit einem Bußgeld davon. Die Aufarbeitung dieses Vorgangs liege in erster Linie bei der Polizei.
Dienstvorschriften seien auf jeden Fall verletzt worden, so Aschenbrenner. Wie er erläutert, werde derzeit noch ermittelt. Dabei gehe man auch der Frage nach, woher die Beamten die Platzpatronen für das G3 Kriegswaffe hatten.
„Saubere Aufarbeitung“
Aschenbrenner sagte, dass man intern für diese Aktion kein Verständnis habe. „Solch eine Tradition ist mir noch nie zu Ohren gekommen.“Auch andere langjährige Polizeibeamte verurteilen die Schussabgabe in der Innenstadt aufs Schärfste. Aschenbrenner betont, dass der Vorfall „sauber aufgearbeitet“werde.
Laut Aschenbrenner soll der zweifache Salut den Passanten, die sich im Bereich des Schwarzen Tores aufgehalten haben, angekündigt worden sein. So berichtet der Schwarzwälder Bote kurz nach dem Vorfall. Doch sicher ist das nicht. Das sind nun Fragen, mit denen sich die Polizei intern beschäftigt. Denn das alles gefällt der Polizei selbst nicht.
Die Kriminalinspektion Rottweil hat Ermittlungen aufgenommen, nachdem sie über Medien von diesem Vorfall erfahren hat. Denn weder die Blaulichtfahrt, für die es keinen Anlass gab, schon gar nicht die zweifache Schussabgabe sind erlaubt. Beim Präsidium kann man sich dieses Vorgehen nicht erklären, zumal neben dem Polizeibeamten, der auf diese unkonventionelle Weise verabschiedet werden sollte, mindestens ein weiterer Kollege dabei war, der bereits ebenfalls mehrere Dienstjahre absolviert hat und als ausgesprochen erfahren gilt.