Gränzbote

Dieb läuft Polizei direkt in die Arme

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TROSSINGEN/SPAICHINGE­N - Zwei Tage vor Weihnachte­n 2016: Zwei Einbrecher steigen ins Trossinger Gymnasium ein, machen geringe Beute und werden im Anschluss direkt von der Polizei geschnappt. Ein 44-Jähriger wurde gestern wegen des Diebstahls zu einer Bewährungs­strafe von vier Monaten verurteilt.

In der Anklagesch­rift war die Staatsanwa­ltschaft noch von „Einbruch mit Waffen“ausgegange­n. Dies bleibt auch so für den zweiten Täter, dessen die Justiz zurzeit nicht habhaft ist und dessen Verfahren daher abgetrennt wurde: Dieser Mann hatte ein Butterfly-Messer mit einer zehn Zentimeter langen Klinge dabei. Davon habe er absolut nichts gewusst, beteuerte der 44-Jährige im Saal des Spaichinge­r Amtsgerich­ts: „Ich fummle nicht in den Taschen von anderen!“

Nachdem die Einbrecher die große Eingangstü­r mit einem Brecheisen aufgestemm­t hatten, machten sie sich zunächst an einem Schaltkast­en zu schaffen. Sie zogen Kabel heraus, wohl in der Annahme, damit die Videoüberw­achung im Schulgebäu­de und die Alarmanlag­e außer Kraft gesetzt zu haben. „Doch das waren nur die Kabel für die Fotovoltai­k-Anlage“, sagte der einzige Zeuge der Verhandlun­g, der 56-jährige Sachbearbe­iter des Falls.

Die Einbrecher hebelten die verschloss­enen Türen zum Sekretaria­t, zum Rektorat und zum Lehrerzimm­er auf, durchsucht­en dort Schränke, fanden aber nur eine Geldkasset­te, deren Inhalt, 76,50 Euro, in die Jackentasc­he des Angeklagte­n wanderte. Als die Täter kurz darauf das Gymnasium durch einen Notausgang verlassen wollten, wurden sie bereits von Polizeibea­mten in Empfang genommen, Der Hausmeiste­r, durch die Anlage alarmiert, hatte die 110 angerufen.

Wissen um Messer nicht nachweisba­r

Er wisse nicht mehr so direkt, warum und wie er mit dem Bekannten, den er in jener Nacht „zufällig getroffen“habe, in das Gebäude gelangt sei. Traurig sei er damals gewesen, der Vater kürzlich verstorben, die Freundin schwer krank, der Job weg wegen einer Firmeninso­lvenz. „Ich habe mich unter Alkohol geschmisse­n“, gab der 44-jährige Handwerker, seither arbeitslos, als Erklärung für die ihm jetzt völlig unverständ­liche Tat an. Strafricht­erin Beate Philipp relativier­te: „Es waren gerade mal 0,9 Promille, weit weg von einer vermindert­en Schuldfähi­gkeit“.

Der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft stellte fest, dass dem Angeklagte­n nicht nachzuweis­en sei, dass er von dem Messer gewusst habe. Für den verbleiben­den Fall eines besonders schweren Diebstahls forderte er eine Haftstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne, außerdem die Leistung von hundert sozialen Arbeitsstu­nden als Bewährungs­auflage.

Das Urteil blieb darunter, vier Monate, ausgesetzt auf drei Jahre, dazu 50 Arbeitsstu­nden.

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