Wir sind alle Jamaikaner
Die Katalanen wollen keine Spanier mehr sein. Das ist verständlich – auch wir wollen keine Spanier sein. Die Briten wiederum wollen keine Europäer mehr sein, weshalb die Schotten sich mit dem Gedanken tragen, ihr Großbritentum niederzulegen. Und die Ungarn, Polen, Tschechen und Österreicher werden wohl bald eine neue K.-u.-K.-Monarchie ausrufen, um zu verhindern, dass sie 23 Syrer, zwei Afghanen und sogar einen Tschetschenen aufnehmen müssen. Die Welt ist voller Zumutungen – auch in Deutschland.
Unsere Politiker haben die jamaikanischen Wochen ausgerufen, obwohl jedes Kind weiß, dass es bald saukalt wird. Während wir überlegen, ob wir die Winterreifen aufziehen und schon mal die Stiefel wichsen sollen, bibbern die Berliner wegen der anstehenden Koalitionsverhandlungen, die die Stadt auf Jahre lahmlegen könnten. Überall im Regierungsviertel werden Leute, die sich bis vor Kurzem spinnefeind waren, täglich stundenlang gemeinsam in einen Raum gesperrt.
Ein brandgefährliches Experiment: Niemand weiß, was passiert, wenn Alexander Dobrindt, Jürgen Trittin und Christian Lindner längere Zeit unbeaufsichtigt bleiben. Auch die Auswirkungen auf den Bundeshaushalt sind schwer zu kalkulieren. Zum Beispiel müssen das Catering von Kanzleramtschef Peter Altmaier und die Stromlieferung für die Spielzeugeisenbahn sichergestellt werden, die sich CSU-Chef Horst Seehofer im Keller des Reichstags hat aufstellen lassen. Am besten, wir fliegen für ein paar Wochen in den Urlaub nach Jamaika. (hü)