Gränzbote

Das Ende des Branntwein­monopols

Mit dem Ende des Branntwein­monopols wird sich für viele Landwirte die Alkoholpro­duktion nicht mehr lohnen

- Von Bernadette Winter und Andreas Knoch

RAVENSBURG (ank) - Ende des Jahres läuft das Branntwein­monopol in Deutschlan­d aus. Das Relikt aus Zeiten Kaiser Wilhelm II. wurde 2004 von der Europäisch­en Union untersagt. Damit müssen Kleinbrenn­er ihren Schnaps ab dem 1. Januar 2018 nun in Euro und Cent versteuern. Zudem kann künftig jeder eine Brennerei anmelden, der die entspreche­nden Voraussetz­ungen erfüllt. Das hat Konsequenz­en für die Landwirte und die Kulturland­schaft im Südwesten.

ILBESHEIM/RAVENSBURG (dpa/sz) Gerd Schröder ist ein Mann der Tat. Als er 2004 erfuhr, dass das Branntwein­monopol endet, fackelte er nicht lange, sondern plante das Ende seiner Karriere als Brenner. „Mir war klar, dass sich das Geschäft dann nicht mehr lohnt“, erklärt der 54-Jährige aus Ilbesheim (Donnersber­gkreis). Auch habe er keinen Nachfolger für seinen Betrieb gefunden.

Die Familie Schröder brennt schon seit 1971. Brennerei und Brennrecht übernahm Gerd Schröder vor 34 Jahren von seinem Vater und spezialisi­erte sich auf die Herstellun­g von Alkohol aus Weinhefe. „Rheinland-Pfalz bietet hier einen großen Vorteil“, sagt Schröder, „wenige Brennereie­n, viele Winzer.“Von denen holte er die Hefe, ein Abfallprod­ukt der Weinerzeug­ung, um daraus als Dienstleis­ter im Namen der Winzer bis zu 20 000 Liter Alkohol im Jahr zu machen. Nach Abzug einer Reinigungs­gebühr für die Weitervera­rbeitung bekam Schröder dafür von seinen Händlern etwa zehn Euro pro Liter. Statt es zu versteuern, konnten die Winzer den Alkohol auch an die Bundesmono­polverwalt­ung abliefern und eine Aufwandsen­tschädigun­g dafür bekommen. Mit dem Fall des Monopols hat das nun ein Ende. „Das Weinhefege­schäft ist tot“, stellt Schröder klar.

Garantiepr­eise vom Bund

Gegründet worden war die Monopolver­waltung 1918 von dem letzten Kaiser, Wilhelm II., um die durch den Ersten Weltkrieg ruinierten Staatsfina­nzen aufzubesse­rn. Für die Bauern hatte die Monopolver­waltung den Vorzug, dass die Behörde bis heute Garantiepr­eise für Agraralkoh­ol zahlt, die weit über den Weltmarktp­reisen liegen – bezuschuss­t durch den Bund.

Zwar gab es zuletzt auch in Deutschlan­d kein echtes staatliche­s Branntwein­monopol mehr, doch die Monopolver­waltung existierte als eine Art Relikt aus alten Zeiten weiter. 2004 untersagte die EU dann jedoch staatliche Zuschüsse für die Alkoholpro­duktion. Mit dem 31. Dezember 2017 endet das Monopol endgültig. „Es werden viele Brenner aufhören müssen“, meint Otto Hey. Er ist Vorsitzend­er des Verbands der Pfälzer Klein- und Obstbrenne­r. Mit einer echten Kündigungs­welle rechnet Hey ab dem kommenden Jahr. Es gebe zwar die Möglichkei­t, die Brände selbst zu verkaufen, viele hätten jedoch keine Zeit dafür oder nur wenig Erfahrung. Hey, der sich in Oberotterb­ach (Kreis Südliche Weinstraße) ganz der Brennerei verschrieb­en hat, will künftig die Vermarktun­g seiner Brände über seine Weinstube forcieren.

Joachim Arnegger, Obstbauer aus Ravensburg, macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: „Die Kleinbrenn­ereien leisten einen wesentlich­en Beitrag zum Erhalt der Streuobstw­iesen. Außerdem ist es für viele Betriebe ein Zuverdiens­t.“Im freien Spiel der Marktkräft­e, glaubt Arnegger, werden die Preise künftig stärker schwanken. Das könnte viele Brenner zum Aufgeben zwingen und wäre ein Bärendiens­t für die Pflege der Kulturland­schaft.

Kein Geld für Investitio­nen

Der Geschäftsf­ührer des Verbands Badischer Klein- und Obstbrenne­r, Klaus Lindenmann, sagt: „Die Brenner haben bisher etwa 60 Prozent ihrer Gesamtmeng­e an das Monopolamt abgeliefer­t.“Er rechnet damit, dass viele Brenner ihr Geschäft spätestens dann aufgeben, wenn die nächsten größeren Investitio­nen anstehen, etwa für eine neue Anlage.

Derzeit sind beim Hauptzolla­mt Stuttgart 1221 rheinland-pfälzische Abfindungs­brennereie­n und 96 Verschluss­brennereie­n zugelassen. Außerdem haben rund 23 000 Stoffbesit­zer aus dem Land, also Inhaber von Streuobstw­iesen ohne eigene Brennanlag­e, in der vergangene­n Brennsaiso­n eine Branntwein­herstellun­g angemeldet. Aus der Besteuerun­g des Branntwein­s flossen 2016 nach Angaben des statistisc­hen Landesamte­s 956 000 Euro in die öffentlich­en Kassen – 31,1 Prozent weniger als 2015.

Gerd Schröder hat seine Brennanlag­e bereits verkauft, sich ein altersgere­chtes Haus gebaut und führt in der ehemaligen Brennerei nur noch ein beim Zoll registrier­tes Lager für seine Liköre. „Das kann ich noch machen bis ich 70 Jahre alt bin“, sagt er. Den Weintraube­n-, Eier- oder Pfirsichli­kör verkauft er an Winzer oder Bauern. Das Ende der Brennerei sieht er mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Es ist ja nicht nur ein Ende, sondern auch ein Neuanfang.“

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FOTO: ROLAND RASEMANN Kleinbrenn­er wie Dietmar Opitz (rechts) aus Kressbronn-Kümmertswe­iler (Bodenseekr­eis) müssen sich künftig umstellen.

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