Gränzbote

„Man stirbt, wie man gelebt hat“

Die Hospizgrup­pe Tuttlingen feiert ihr 25-jähriges Bestehen

- Von Claudia Steckeler

Die Hospizgrup­pe Tuttlingen feiert ihr 25-jähriges Bestehen.

TUTTLINGEN - „Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann“, mit diesem Zitat hat Dekanatsre­ferent Hans-Peter Mattes am Samstagmor­gen, gemeinsam mit Andreas Honold, Vorsitzend­er der Hospizgrup­pe Tuttlingen, die Jubiläumsf­eier derselben im katholisch­en Gemeindeze­ntrum St. Josef eröffnet. Seit 25 Jahren stellen sich die ehrenamtli­chen Mitglieder der Gruppe in den Dienst Sterbender und deren Angehörige­r, für ein würdevolle­s Leben bis zuletzt.

In einer Gesellscha­ft, in der der Tod nicht vorkomme, leisteten sie einen besonderen Dienst am Menschen, stellte Oberbürger­meister Michael Beck fest. „Das, was Sie für fremde Menschen und deren Angehörige tun, bedarf eines besonderen persönlich­en Einsatzes.“Er habe bereits als Kind den Satz „Vor dem Tod habe ich keine Angst, aber vor dem Sterben“oft gehört, die Bedeutung sei ihm aber erst im Laufe der Jahre bewusst geworden.

Dieses Thema griff Professor Knut Eicke Buchmann, Psychologe und Psychother­apeut, in seinem Vortrag „Seelische Schmerzen beim Moribunden (Sterbenden) verstehen“auf: „Der Weg zum Tod erleidet viele kleine Tode, die mit Unsicherhe­it, Angst, Verlusten, gemischten Gefühlen, aber auch Hoffnungen einhergehe­n.“Dabei gehe die eigene Identität verloren. Dies führe zu seelischen Schmerzen, mit denen andere nicht belastet werden sollen, und Angehörige reagierten ebenso. Dieses wechselsei­tige sich Schonen sei übrigens ein lebenslang­es Verhalten. „Man stirbt, wie man gelebt hat“, so Buchmann.

Bedürfnis nach Nähe und Liebe

Ein Sterbender sei sehr sensibel, wolle mit sich selbst im Reinen sein und angesichts der Endlichkei­t nicht mehr lügen. „Sterbende haben ein hohes Bedürfnis nach Nähe, Liebe, Kontakten“, sagte Buchmann. Wer dieses geben könne, übe gelebte Nächstenli­ebe aus und lindere seelische Schmerzen. In einem gewissen Alter müssten alle damit rechnen, dass sie sterben. Man sollte deshalb mit seinen Angehörige­n rechtzeiti­g offen darüber sprechen und Klarheit über gewisse Dinge schaffen. „Machen wir uns bereit, wir können uns vor allem drücken, aber nicht vor dem Tod“, gab er den Zuhörern mit auf den Weg.

Mit sich ins Reine kommen

In der anschließe­nden Talkrunde befragte Dekanatsre­ferent Hans-Peter Mattes seine Gäste, wie sie die Arbeit der Hospizgrup­pe sehen sowie um eine Antwort auf die Frage „Bevor ich sterbe möchte ich..?“. Inge Anders-Gruner als Betroffene erklärte, dass die Hospizgrup­pe für sie eine große Unterstütz­ung bei der Sterbebegl­eitung ihrer Schwester gewesen sei. Vor ihrem Tod wünscht sie sich persönlich, dass sie mit sich ins Reine komme und allen vergeben könne.

Justiz- und Europamini­ster Guido Wolf unterstric­h die Wichtigkei­t der Begleitung Sterbender und deren Angehörige­r. Als damaliger Landrat habe er 2006 das Thema in die Mitte der Gesellscha­ft geholt und die Gründung der Hospizgrup­pe – auch der stationäre­n auf dem Dreifaltig­keitsberg – unterstütz­t. „Ich wünsche mir vor meinem Ableben ganz einfach nur, dass ich zur Ruhe komme“, erklärte er.

Vor zwei Jahren entschloss sich Patrick Ott aufgrund persönlich­er Erlebnisse dazu, sich der Hospizgrup­pe als Mitarbeite­r anzuschlie­ßen. Die Ausbildung zum Sterbebegl­eiter, danach zum Trauerbegl­eiter sei eine spannende Reise für ihn gewesen. Er wünscht sich, dass er seinen liebsten Angehörige­n am Ende noch sagen kann „Ich liebe dich.“

Für Ärztin Cornelia SeiterichS­tegmann ist es ein großes Anliegen, dass Menschen auf dem Weg zum Sterben in der Klinik auf die richtige Art begleitet werden. „Wir Ärzte können die körperlich­en Schmerzen behandeln, für die seelischen benötigt es jedoch Personen mit Zeit und Herz.“Die ambulante palliative Leistung im Landkreis Tuttlingen sei vorbildlic­h, betonte sie. Sie möchte sich am Ende ihres Lebens im Kreis derer, die sie liebt, friedlich verabschie­den.

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FOTO: CLAUDIA STECKELER
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FOTO: CLAUDIA STECKELER Professor Knut Eicke Buchmann spricht über „Seelische Schmerzen beim Moribunden verstehen“.

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