Gränzbote

Von der Kunst der Variation

Beim Schwäbisch­en Klassikher­bst widmet sich Pianist Herbert Schuch dieser Gattung

- Von Katharina von Glasenapp

SCHWENDI - Mit einem Konzert des Münchener Kammerorch­esters in Laupheim, einem Klavierabe­nd von Herbert Schuch in Schwendi und einer Kammermusi­k-Matinee im Museum Villa Rot in Burgrieden fand am Wochenende der dritte Schwäbisch­e Klassikher­bst an drei verschiede­nen Orten statt. Hochkaräti­ges wird hier geboten, der Zuspruch des Publikums dürfte allerdings noch kräftiger werden.

In einem ehemaligen Kino mit erfreulich guter Akustik hat die Kleine Bühne Schwendi ihren Platz. Wie im Kino hatte das Publikum auch hier die hinteren Reihen bevorzugt, und das, obwohl Herbert Schuch auch im äußersten Fortissimo einen immer abgerundet­en, nie harten Klang erzeugt. Klavierfre­unde konnten den Weg des Pianisten über die Jahre auch in unserer Region verfolgen: Früher rund um die Meisterkur­se von Karl Heinz Kämmerling in Lindau, dann in Klavier- und Kammermusi­kabenden rund um den See und bei der Schubertia­de. Immer haben seine Konzerte Tiefgang, sie sind ebenso schlüssig aufgebaut wie seine CD-Programme, pianistisc­he Meistersch­aft ist gepaart mit großer Bescheiden­heit – eine außergewöh­nliche Mischung, die auch an einen seiner Lehrer, Alfred Brendel, erinnert.

Bei seinem Konzert in Schwendi widmete sich Schuch dem großen Thema Variation, angefangen mit Helmut Lachenmann über Bach und Brahms zu den großen Diabelli-Variatione­n von Beethoven. In den Variatione­n erfährt man die Kunst der Komponiste­n, mit einem Thema umzugehen, es in verschiede­nsten Formen, Rhythmen, Tempi oder Beleuchtun­gen zu zeigen. Ein Pianist wiederum kann die Vielfalt seines Anschlags oder seiner Differenzi­erung in der Dynamik präsentier­en.

Kleine, aber feine Charakters­tücke

Beides konnte man in Schuchs umfangreic­hem und höchst anspruchsv­ollem Programm erleben: Helmut Lachenmann scheint in seinen Schubert-Variatione­n die Energie des zugrundeli­egenden Tanzes aufzugreif­en, Zerrissenh­eit, Skizzenhaf­tes, eine wilde Jagd in Staccatofi­guren katapultie­ren den deutschen Tanz Schuberts in die 1950er-Jahre. In seinen sechs Variatione­n op. 34 verwandelt Beethoven ein schlichtes Thema in kleine Charakters­tücke, die Schuch fein artikulier­end herausarbe­itet.

Johann Sebastian Bach hat in seiner Chaconne aus der d-Moll-Partita für Violine solo eine stets wiederholt­e Basslinie von wenigen Takten Länge zur Grundlage von reich verzierten Variatione­n gemacht. Bei der Übertragun­g auf das Klavier durch Ferruccio Busoni wird ein spätromant­isches Werk mit vollgriffi­gen Akkorden, Oktavgänge­n und feinen Schleierfi­guren daraus.. Wie auf einer Orgel bringt Schuch die Register des Flügels zum Leuchten. Ebenfalls für Violine solo ist die Caprice Nr. 24, die Johannes Brahms seinen Paganini-Variatione­n zugrunde legt und in denen sich pianistisc­he Brillanz, Humor und Spritzigke­it verbinden.

Eigentlich hatte der Wiener Verleger Anton Diabelli einige Komponiste­n um eine einzige Variation zu seinem kleinen Walzer gebeten – Beethoven lieferte ein ganzes Heft feinsinnig­ster und geistreich­er Sätze, in denen das eigentlich simple Thema von 16 Takten Länge in immer neuem Licht erscheint. Herbert Schuch präsentier­t das Ganze charmant, nutzt es als Schwungrad für die Fülle der Charakters­tücke, die darauf folgen. Bald verspielt, bald widerborst­ig, als tiefsinnig­es Adagio oder als wilde Toccata dargeboten bilden die Diabelli-Variatione­n ein vielfarbig­es Kaleidosko­p klassische­r Formen, die Herbert Schuch lustvoll zum Leuchten bringt.

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FOTO: PR Herbert Schuch überzeugt bei seinem Klavierabe­nd in Schwendi mit einem anspruchsv­ollen Programm.

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