Streiten können ist eine hohe Kunst
Gedenkstunde zum 9. November beleuchtet das Friedensdekadenthema mit seinen Facetten
SPAICHINGEN - Der Frieden und seine ganzen vielen Facetten stehen seit über 20 Jahren im Zentrum der Veranstaltung, die am 9. November alljährlich stattfindet. Das soll – mit anderem Konzept – nun auch 2017 so sein.
Zuletzt hatten sich die beiden Kirchengemeinden und die Moschee zusammengetan um unter dem Stichwort „Solidaritätsweg“an diesem für Deutschland so besonderen Datum zu gedenken, erinnern, reden, singen. Doch die Erwartung, dass vor allem die evangelische Kirchengemeinde „zuständig“sein soll, hat „zu gewissen Ermüdungserscheinungen“geführt, so die Vorsitzende des neuen Vereins KZ-Gedenken in Spaichingen, Dr. Ingrid Dapp. „Dabei sollte das doch ein bürgerschaftliches Engagement sein“. Genau das ist jetzt geplant. In einem ersten Vorbereitungstreffen haben sich Menschen aus den Kirchen, der Moschee, der KZ-Initiative, der Flüchtlingshilfe, also wer wollte, zusammen gesetzt und vereinbart, dass Kleingruppen vier Themenkreise vorbereiten, mit Texten, Liedern, Meditationen oder anders.
Man habe sich wie all die Jahre dem Impuls der ökumenischen Friedensdekade angeschlossen, die diesmal das Thema „Streit“hat. In Spaichingen sind die vier Leitthemen: Wie streitet man heute? Was aus Streit entstehen kann – Geschichtlicher Rückblick auf die Schicksalsdaten 9. November mit Novemberrevolution, Röhm-Putsch, Reichsporomnacht, Friedliche Revolution der DDR und Mauerfall. Was man aus dem Krieg gelernt hat und lernen konnte (Grundrechte, Demokratie, Freie Meinungsäußerung), und als viertes Thema: Notwendiger Streit und welche Streitkultur brauchen wir?
Es gehe darum, Trennendes zu benennen, streiten zu lernen und Verbindendes zu suchen, so Dapp.
An den 9. November erinnern
Aber warum hat sich der neue Verein das Anliegen, den 9. November als Tag des Innehaltens und Nachdenkens zu erhalten, zu eigen gemacht? Es sei Konsens gewesen, dass man vor allem an den 9. November 1938 erinnern muss, dem Höhepunkt der Pogrome gegen Juden und Synagogen, mit dem die offene Verfolgung und Vernichtung der Juden begann. Erinnern als Verpflichtung, dass man ständig wachsam gegenüber den Errungenschaften, die aus den Lehren des Nationalsozialismus entstanden sind, zu bleiben.
Was die weltpolitische Dimension angehe, sehe man ja momentan, was geschehe, wenn man nicht mehr fair streite. Faires Streiten sei auch ein Anliegen des Abends, der um 19 Uhr beginnen und maximal eine Stunde dauern soll.
Er findet bei der neuen Gedenkplatte vor dem Martin-Luther-Haus statt, wenn schlechtes Wetter ist, im Martin-Luther-Haus. An einem neuen Titel tüfteln die Organisatoren noch.