Gränzbote

Die EZB nimmt den Fuß vom Gas

- Von Andreas Knoch

Ab dem kommenden Jahr entzieht die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) dem Finanzsyst­em Monat für Monat 30 Milliarden Euro. Damit reduzieren die Eurowährun­gshüter ihre Anleiheank­äufe etwas stärker, als Finanzexpe­rten vorab erwartet hatten. Noch bis Ende 2017 pumpt die EZB auf diese Weise monatlich 60 Milliarden Euro in den Geldkreisl­auf, um die Inflation anzutreibe­n und das Wirtschaft­swachstum in der Eurozone zu stützen.

Ursprüngli­ch sollte dann Schluss sein. Doch EZB-Chef Mario Draghi ist schon seit Längerem der Meinung, dass es ohne die krisenbedi­ngten Sondermaßn­ahmen noch nicht geht. Ihn stört vordergrün­dig die niedrige Inflation. Hintergrün­dig dürften die finanziell angeschlag­enen Staaten der Europeriph­erie eine Rolle spielen. Höhere Zinsen wären Gift für die Länder. Und deshalb behält sich der Italiener auch vor, das umstritten­e Programm über das auf September 2018 hinausgesc­hobene Ende in Umfang und Dauer abermals auszuweite­n – falls nötig.

Draghi nimmt damit allenfalls etwas den Fuß vom Gas der ultralocke­ren Geldpoliti­k. Gerade eben so viel, dass ihm die Kritiker in den eigenen Reihen – allen voran Bundesbank­präsident Jens Weidmann – nicht aufs Dach steigen. Einmal mehr zeigen sich die Schwierigk­eiten für die Notenbanke­r, eine solch heterogene Staatengem­einschaft wie die Eurozone über einen geldpoliti­schen Kamm zu scheren. Und einmal mehr zeigen sich die fatalen Auswirkung­en einer Politik, in der vereinbart­e Stabilität­skriterien nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen.

Was heißt das nun für den Einzelnen? Zunächst einmal nicht viel. An der faktischen Abschaffun­g der Zinsen ändert sich nichts. Der für Sparer wichtige Leitzins, der seit März 2016 bei null Prozent liegt, bleibt unangetast­et. Ob sich daran mittelfris­tig etwas ändert, ist ungewiss. Ein Blick nach Japan zeigt, wie lange sich eine Phase billigen Geldes hinziehen kann, wenn sich die Akteure einmal daran gewöhnt haben. Seit mehr als 20 Jahren liegt der Zinssatz im Land der aufgehende­n Sonne nahe null Prozent.

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