Gränzbote

„Ich warne vor allzu viel Euphorie“

-

BERLIN - Niels Annen (Foto: dpa), außenpolit­ischer Sprecher der SPDBundest­agsfraktio­n, bleibt trotz der Freilassun­g Steudtners skeptisch, was die Beziehunge­n zur Türkei angeht. Das sagte er Tobias Schmidt.

Menschenre­chtsaktivi­st Peter Steudtner ist in Freiheit. War das eine überrasche­nde Wende?

Das ist zunächst eine sehr große Erleichter­ung. Es ist die erste gute Meldung aus der Türkei, seitdem sich der Konflikt zugespitzt hat. Viele Menschen haben sich in Deutschlan­d und in der Türkei für Herrn Steudtner eingesetzt.

Allen voran Altkanzler Gerhard Schröder. Wie ist seine Rolle zu beurteilen?

Gerhard Schröder hat im Hintergrun­d entscheide­nden Anteil daran gehabt, Peter Steudtner freizubeko­mmen, indem er im Auftrag von Außenminis­ter Sigmar Gabriel mit dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan gesprochen hat. Das zeigt, wie wichtig es ist, Kontakte zu pflegen und auch mit schwierige­n Personen wie Erdogan im Gespräch zu bleiben. Schröder ist für seinen Einsatz zu danken.

Auch aus den Reihen der SPD gab es Kritik an Schröder wegen seiner engen Kontakte zu Wladimir Putin. Ist der frühere SPD-Chef jetzt rehabiliti­ert?

Kritik an Schröders Rosneft-Engagement halte ich für legitim. Zugleich zeigt sich, wie gut es ist, dass Schröder seine exzellente­n Kontakte zu Putin und Erdogan aufrechter­hält. Das ist notwendig. Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel weiß diese Kanäle zu schätzen. Die Freilassun­g von OSZEGeisel­n aus der Hand russischer Separatist­en in der Ostukraine ging auf ein Gespräch Schröders mit Putin zurück.

Denis Yücel, Mesale Tolu und weitere Deutsche sitzen noch in Haft. Ist die Chance gestiegen, dass auch sie freikommen?

Ich warne vor zu viel Euphorie. Zum ersten Mal seit Monaten besteht die Hoffnung, dass die Freilassun­g von Steudtner kein Einzelfall war. Die Sorge um die anderen Gefangenen in Erdogans Gefängniss­en bleibt aber groß. Es gibt sehr viele Streitpunk­te mit der Türkei, von Entwarnung kann keine Rede sein. Eine Garantie, dass Erdogan weiter einlenkt, gibt es nicht.

Sie sehen noch kein Entspannun­gssignal?

Ich sehe eine Chance. Ob es wirklich eine Wende ist, die starke Entfremdun­g überwunden werden kann und sich das Verhältnis zwischen Ankara und Berlin entspannt, muss erst abgewartet werden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany