Gränzbote

Clinton-Team soll Recherchen für Trump-Dossier finanziert haben

Britischer Ex-Spion deckte Beziehunge­n zu Russland auf – Nutznießer der Enthüllung­en ist der US-Präsident

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Diese Chance wollte sich Donald Trump nicht entgehen lassen. Da könne man wieder mal sehen, in welch traurigem Zustand sich die Politik in diesem Land befinde, polterte er, kaum hatte eine amerikanis­che Zeitung enthüllt, dass das Wahlkampft­eam Hillary Clintons einen britischen Ex-Spion eingespann­t hatte, um Belastende­s über ihn zusammenzu­tragen.

Nach Recherchen der „Washington Post“hat Clintons Stab eine Privatdete­ktei im April 2016 damit beauftragt, Verbindung­en des Tycoons zur russischen Regierung aufzudecke­n. Genauer, eine mit der ClintonKam­pagne verbandelt­e Anwaltskan­zlei namens Perkins Cole gab der Detektei Fusion GPS den Auftrag, Näheres über die Russland-Kontakte des Immobilien­moguls herauszufi­nden. Es führte zu einem Dossier des ehemaligen britischen Geheimdien­stlers Christophe­r Steele, das unter anderem Orgien Trumps mit Prostituie­rten in einem Moskauer Luxushotel schilderte.

Der Baulöwe war im November 2013 in die russische Hauptstadt geflogen, um die Kür der „Miss Universe“zu vermarkten. In Steeles Dossier, vor neun Monaten vom OnlinePort­al Buzz Feed veröffentl­icht, ist als Fazit zu lesen, dass Trump seit Jahren von Russland unterstütz­t werde und es im Übrigen kompromitt­ierendes Material gebe, mit dem ihn der Kreml erpressen könne. Auch wenn es Zweifel an manchem Detail gibt, das er blumig ausschmück­te – in Washington ist Steele ein gefragter Mann. Erst im September beorderte Robert Mueller, der Sonderermi­ttler, der der „Russia Connection“auf den Grund gehen soll, Mitarbeite­r nach London, um ihn zu befragen.

Steele, Clinton und Trump: Allein schon die Vorgeschic­hte ist komplizier­t. Im amerikanis­chen Wahlmarath­on begann es damit, dass einer der konservati­ven Rivalen Trumps die Recherchen von Fusion GPS finanziert­e. Als der Mann – um wen es sich handelt, ist noch nicht geklärt – aus dem Rennen ums Weiße Haus ausstieg, waren es die Rechtsbera­ter der Clinton-Kampagne, die dort weitermach­ten, wo er aufgehört hatte. Ob die Kandidatin selber im Bilde war, gehört zu den Fragen, auf die es noch keine Antworten gibt. Hillary Clinton, die am Donnerstag ihren 70. Geburtstag feierte, verzichtet­e zunächst auf jeglichen Kommentar. Ihr Kampagnenc­hef John Podesta verwies auf Perkins Cole, die Kanzlei. Die teilte wiederum mit, dass weder die Ex-Außenminis­terin noch jemand in ihrem engeren Umfeld von den Nachforsch­ungen in Sachen Trump wusste.

Bekannt ist inzwischen, dass von Juni 2015 bis Dezember 2016 5,6 Millionen Dollar aus Clintons Kampagnenk­asse auf das Konto der Anwaltskan­zlei flossen. Hinzu kamen 3,6 Millionen, die das Nationalko­mitee der Demokratis­chen Partei überwies. Was davon bei Steele landete, bleibt vorläufig offen.

Fest steht dagegen, wer der Nutznießer der Enthüllung­en ist: Donald Trump. Nach allem, was man bisher weiß, kann es weder an dem russischen Versuch, den US-Wahlkampf zu beeinfluss­en, noch an dubiosen Kontakten wichtiger Berater Trumps zu Vertrauten Putins ernsthafte Zweifel geben. Für den Moment aber geht es mehr um die dubiosen Methoden, mit denen das Kontaktnet­zwerk ausgeleuch­tet werden sollte. Ein raffiniert­es Ablenkungs­manöver – so sieht es der Demokrat Adam Schiff, ein Abgeordnet­er, der im Geheimdien­stausschus­s des Repräsenta­ntenhauses schon viel Zeit damit verbracht hat, Informatio­nsbruchstü­cke aus der Russland-Akte zu einem Puzzle zusammenzu­fügen. Entscheide­nd sei nicht, wer Steele bezahlt habe, entscheide­nd sei die Spur, auf die Steele gestoßen sei, sagt Schiff. Er könnte noch vor den USGeheimdi­ensten entdeckt haben, dass die Russen versuchten, die amerikanis­che Wahl im Interesse Trumps zu beeinfluss­en.

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FOTO: AFP Hillary Clinton

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