Gränzbote

Die Mischung macht’s

Der Weingarten­er Axel Müller freut sich auf sein Bundestags­mandat und Berlin

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - In Berlin kennt er sich schon aus. Zumindest ein bisschen, denn vor zehn Jahren war er schon einmal als „Praktikant“in Franz Romers Bundestags­büro, als der noch CDU-Abgeordnet­er aus Biberach war. Axel Müller ist der neue CDUBundest­agsabgeord­nete des Wahlkreise­s Ravensburg.

Am 11. Oktober hat er an seinem Schreibtis­ch in Ravensburg die letzten Verfügunge­n unterschri­eben, seit dem 12. Oktober ist der Vorsitzend­e Richter des Landgerich­ts Ravensburg nun Bundestags­abgeordnet­er. Er zählt zu den glückliche­n, die in den Parlaments­gebäuden schon ein Büro zugewiesen bekommen haben, das er einrichten kann. Auch eine Wohnung in der sogenannte­n Abgeordnet­enschlange, dem Bau des Bundes an der Spree nahe dem Reichstag, hat er ab Januar in Aussicht.

Aufgeräumt wirkt Axel Müller bei einem Kaffee im „Einstein“unter den Linden. Er ist mit seinem Fahrrad gekommen, weil es die beste Art sei, sich in Berlin fortzubewe­gen. Er freut sich auf das neue Leben mit der Mischung zwischen dem beschaulic­hen Oberschwab­en und dem pulsierend­en Betrieb in der Hauptstadt. Darauf, etwas völlig Neues anzufangen. Und ihm ist klar: „Da ist nichts mehr mit Vorsitzend­er Richter. Du reihst dich wieder hinten ein.“

Müller, in Nürtingen geboren, hat in Tübingen Jura studiert und ist 1989 als Referendar nach Ravensburg gekommen. Natürlich will er jetzt die Interessen Oberschwab­ens in Berlin vertreten. Die seien vielfältig. Das könne die Verkehrspo­litik sein, es könne um den Gesundheit­sstandort Oberschwab­en gehen, um die Versorgung­sdichte mit Kinderärzt­en oder Hausärzten etwa, um die Wirtschaft­spolitik für Familienbe­triebe oder um die wichtige Frage der Infrastruk­tur für den Standort.

Der 54-Jährige ist Mitglied der Mittelstan­dsvereinig­ung der CDU, er sitzt als Fraktionsv­orsitzende­r im Stadtrat in Weingarten und auch im Kreistag. Zumindest im Kreistag will er auch bleiben.

In den nächsten Wochen geht es gemächlich los, Landesgrup­pen- und Fraktionss­itzungen, in denen er die Wasserstan­dsmeldunge­n über den Stand der Jamaika-Sondierung­en erhält; vor allem aber will er sein Büro beziehen, die ersten Gesprächst­ermine organisier­en, Verbände aufsuchen und von möglichst vielen direkt hören, wo sie der Schuh drückt.

Wirtschaft, Energie, Recht

In Berlin rechnet man damit, dass Weihnachte­n die Regierung steht und es im Januar richtig losgeht, mit der Verteilung der Ausschüsse zum Beispiel. Axel Müller strebt in den Innenaussc­huss und den Verkehrsau­sschuss. Doch bei den neuen Mitglieder­n des Bundestags steht vorher nie fest, ob sie genau in dem Ausschuss landen, in den sie wollen. Deshalb gibt man gleich mehrere Vorlieben an. Mit Wirtschaft, Energie und Recht könnte sich Müller auch anfreunden.

Bei den Themenfeld­ern Inneres und Recht kämen ihm seine Erfahrunge­n als Richter sehr zugute. Straftäter, die nicht abgeschobe­n werden können, weil es keine Rückführun­gsabkommen gibt oder sie keine Papiere haben, die Frage, ob der Staat sich durchsetze­n kann oder nicht, treibt nicht nur Juristen wie Axel Müller zur Verzweiflu­ng. Und wenn zur Identitäts­klärung kein Pass vorliegt, dann müsse man vielleicht auch in die Handys reingucken können, meint Müller. Schließlic­h müsse man wissen, wer ins Land kommt. Seine Erfahrunge­n aus der Praxis könnten im Bundestag helfen, wenn es darum geht, gesetzlich­e Regelungen zu schaffen.

Was hat ihn in Berlin bisher am meisten überrascht? Da fällt ihm so schnell nichts ein. Vielleicht, aber darauf sei er vorbereite­t gewesen, die „schnoddrig­e Art“der Berliner. Und positiv findet er, dass es kein zeitliches Limit bei Gastronomi­e und beim Einkaufen gibt, dass vieles den besonderen Lebensumst­änden, der hektischen Betriebsam­keit der Hauptstadt angepasst sei.

Ausgleich findet Müller auf seinem Fahrrad. Und beim Joggen. Dass der Tiergarten gleich um die Ecke liegt, ist hilfreich. Denn eine alte Berliner Erfahrung ist, dass die meisten Abgeordnet­en nicht schlanker werden, wenn sie zwischen Bundestag und Ausschüsse­n, Koalitions­runden, Empfängen und Gesprächen hin und her pendeln.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Von Weingarten nach Berlin: Axel Müller, neuer CDU-Bundestags­abgeordnet­er und früher Richter in Ravensburg.

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