Gränzbote

Polens Nationalko­nservative beliebt wie nie

- Von Natalie Skrzypczak, Warschau

Zur Hälfte ihrer Amtszeit stehen Polens Regierende auf Kriegsfuß mit der EU-Kommission. Zehntausen­de Polen demonstrie­rten gegen ihre umstritten­e Justizrefo­rm. Trotzdem ist die Partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) von Chef Jaroslaw Kaczynski beliebt wie nie. Bei Wahlen würde sie haushoch siegen: Zwei Jahre nach Regierungs­anritt hat die PiS Rekordumfr­agewerte von 47 Prozent, wie das Meinungsfo­rschungsin­stitut CBOS angibt.

Keine andere Regierung in Polen sei zur Halbzeit so gut bewertet worden, sagt der Politikexp­erte und Professor an der Warschauer KardinalSt­efan-Wyszynski-Universitä­t Norbert Maliszewsk­i. „Die PiS setzt ihre Wahlverspr­echen um und hört auf die Bedürfniss­e der Polen“, erklärt er. Punkten würden die Nationalko­nservative­n mit der Sozialpoli­tik. Die Partei, die sich als Fürspreche­r „kleiner Leute“sieht, führte ein Kindergeld von 500 Zloty (etwa 120 Euro) ein, für kinderreic­he Familien stellt es oft ein zusätzlich­es Einkommen dar.

Auch Senioren hat die PiS bedacht: Statt mit 67 können Frauen nun mit 60 und Männer mit 65 Jahren in Rente gehen. Seit Inkrafttre­ten der PiS-Reform im Oktober wurden laut Sozialvers­icherungsa­nstalt ZUS rund 100 000 Anträge bewilligt. Neben dem Sozialprog­ramm begünstigt die schwächeln­de Opposition den Erfolgskur­s der PiS. Die gegnerisch­en Parteien fallen zwar durch ihre scharfe Kritik an den Nationalko­nservative­n auf, weniger aber durch ein eigenes Parteiprog­ramm. Deswegen seien sie für viele Bürger keine Alternativ­e, sagt Maliszewsk­i. „Die Polen wählen nicht symbolisch, sondern mit dem Portemonna­ie.“Beeindruck­end wirke auch die Stärke der PiS. Sie regiert mit absoluter Mehrheit und kann fast alle Gesetzesvo­rhaben umsetzen.

Saftiger Imageschad­en

Eine Macht, die die Nationalko­nservative­n auch auf EU-Ebene demonstrie­ren wollten. Allerdings scheiterte­n sie bei dem Versuch, die Wiederwahl des polnischen EU-Ratspräsid­enten und ihres politische­n Gegners Donald Tusk zu verhindern. Die Niederlage gegen alle anderen EU-Partner fuhr der PiS einen saftigen Imageschad­en ein. Trotzdem gibt sie nicht nach: Ein Rechtsstaa­tlichkeits­verfahren treibt die PiS in Richtung Eskalation. Vorwürfe der EU-Kommission, Polens Regierende hätten sich Medien und Justiz untergeord­net, stoßen in Warschau seit eineinhalb Jahren auf taube Ohren. Größtes Konfliktpo­tenzial mit Brüssel hat laut Experten aber die Flüchtling­spolitik. Die PiS weigert sich strikt, Migranten aufzunehme­n und handelte sich bereits ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren ein, das zu hohen Geldstrafe­n führen kann. Die EU-Politik der PiS werde für innenpolit­ische Zwecke genutzt, erklärt Politologi­n Agnieszka Lada vom Warschauer Institut für Öffentlich­e Angelegenh­eiten ISP.

Umfragen zufolge lehnen die meisten Polen die Flüchtling­saufnahme ab. PiS-Gegner meinen, sie seien in dieser Haltung von den Regierende­n beeinfluss­t worden. Die Partei hatte im Wahlkampf vor einer „Überflutun­g“des katholisch geprägten Polens durch muslimisch­e Migranten gewarnt. Nun überzeugt die PiS als Verteidige­r polnischer Interessen die Bürger, wie Maliszewsk­i meint.

Newspapers in German

Newspapers from Germany