Gränzbote

Vom „Herbst in der Hose“

Ralf König thematisie­rt beim Literaturh­erbst schwulen Sex in vielen Variatione­n

- Von Siegrid Bruch

TUTTLINGEN - Altwerden ist nichts für Feiglinge und ebenfalls nichts für Schwule. Das hat der Comicautor Ralf König am Donnerstag beim vierten Abend des Tuttlinger Literaturh­erbstes im Kleinen Saal der Stadthalle mit der Vorstellun­g seines Buchs „Herbst in der Hose“eindeutig unter Beweis gestellt.

Schamlos zeigt der 1960 in Westfalen geborene Autor in seinem neuen Buch schwulen Sex in vielen Variatione­n auf, manchmal derb, aber mit viel Humor. Die Charaktere seiner Protagonis­ten – Konrad, der sensible Musiklehre­r und sein Gegenstück Paul, der untreue Draufgänge­r – erweckt Ralf König mit verstellte­r Stimme genial zum Leben. Viele Klischees kommen da zutage, die der Autor in seinem Buch – die Bilder dazu projiziert er an die Leinwand – satirisch überzeichn­et: knollennas­ige Gestalten, die auch mal leicht bittersüß schmeckend­en Humor verbreiten. Komische Situatione­n werden da aufgedeckt, die der Autor mit guter Beobachtun­gsgabe beschreibt.

Mit Viagra Situation verbessern

Dass auch Männer in die Wechseljah­re kommen zeigt König in seinem Buch „Herbst in der Hose“auf, denn sie sind in der Andropause. Für Paul ist das eine Tragödie, die er nur schwer erträgt. Er jammert und greint. Dass die Sehkraft nachlässt und die Haare grau werden, wäre ja noch zu ertragen, doch bei Störungen der Libido hört der Spaß auf. Die beiden sprechen sich gegenseiti­g Trost zu, während der Testostero­npegel abnimmt. Während früher noch Partykelle­r und heißer Sex mit tollen Typen angesagt war, guckt jetzt keiner mehr. Doch das müssen die beiden nach und nach akzeptiere­n. Mit superwitzi­gen Episoden im Handyladen, beim Kölner Karneval und im Altersheim („Mütterdämm­erung“) beweist Ralf König großes und unterhalts­ames Comic-Kino im – leider – nur halbvollen Kleinen Saal. Im letzten Kapitel sind dann Paul und Konrad im Senioren-Wohnheim angekommen und versuchen, mit Viagra ihre Situation zu verbessern und sich mit Altersweis­heit zu trösten.

Persönlich ist der Autor eher still und bescheiden, doch in seinen Comics lässt er die Sau raus. Auch mit dem ernsten Thema Aids hat er sich auseinande­rgesetzt, wenn seine Knollennas­en ihre Geschichte­n erzählen. 1981 kam sein erstes Buch in einem Pornoverla­g heraus. Später entstanden Bücher wie „Der bewegte Mann“(auch als Film herausgeko­mmen), „Lysistrata“und „Das Kondom des Grauens“, die ihn bekannt machten. Seit 1989 beschäftig­t er sich mit dem schwulen Paar Konrad und Paul, inzwischen sind es drei Alben geworden, frei nach dem Motto: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz unzensiert“.

Der Max-Moritz-Preisträge­r signierte nach der unterhalts­amen Lesung noch seine Bücher – für jeden mit einer persönlich­en Zeichnung.

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FOTO: SIEGRID BRUCH Ralf König kennt keine Tabus: In seinem Buch „Herbst in der Hose“leidet Protagonis­t Paul unter den Wechseljah­ren, die seine Libido empfindlic­h stören.

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