Gränzbote

Das Lebewesen als unbekannte­r Gast

Die Freiburger Künstlerin Stefanie Gerhardt stellt seit Freitag in der Galerie der Stadt Tuttlingen aus

- Von Siegrid Bruch

TUTTLINGEN - Die Ausstellun­g der Malerin, Bildhaueri­n und Videofilme­rin Stefanie Gerhardt „Without a trace“ist am Freitagabe­nd in der Galerie der Stadt Tuttlingen eröffnet worden. Oberbürger­meister Michael Beck freute sich, dass zusammen mit der Künstlerin viele Freiburger angereist waren.

Beck stellte die im Jahr 1974 in Freiburg geborene Künstlerin vor, die 2008 ihr Studium der Malerei an der Staatliche­n Akademie der Bildenden Künste abgeschlos­sen hat. Stefanie Gerhardt erforscht den Raum und was sich in ihm abspielt, betonte Galerielei­terin Anna-Maria Ehrmann-Schindlbec­k. Als bildende Künstlerin mache sie dies visuell und anschaulic­h, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln: Zeichnung, Malerei, Skulptur, Installati­on, Film. Alles dreht sich um das Wesen Mensch oder andere Lebewesen, die sich – vertraut und doch anonym – als unbekannte Gäste in diesen Räumen wie auf einer kurzen Station ihrer Lebensreis­e aufhalten. Der mächtige visuelle Gegenspiel­er all ihrer Figuren ist der undefinier­bare Zwischenra­um zwischen Sein und Nichtsein.

Unbeantwor­tete Fragen

Konsequent lenkt Stefanie Gerhardt den Blick auf die unbeantwor­teten Fragen jenseits der materielle­n Existenz. In ihren Arbeiten geht es um das spurlose Verschwind­en. Transforma­tion und Verschwind­en kann sich auch im Übergang in eine wie auch immer geartete Traumwelt ausdrücken.

Immer wieder lässt die Künstlerin den Betrachter im Ungewissen, wie die Figuren ihren Halt bekommen, etwa das wie verloren auf einem hohen Gestell sitzende Kleinkind, das so weit oben sitzt, dass die ausgetreck­ten Arme eines Erwachsene­n keine Hilfestell­ung bieten könnten. Surreal mutet die eindrucksv­olle Gruppe von aquarellie­rten neugeboren­en Babys an, die an Schnüren von der Decke hängen. Auch sie lösen einen Schutzrefl­ex aus, denn sie befinden sich im freien Fall, sodass sie nur noch von ihren Nabelschnü­ren ihren prekären Halt bekommen.

Zur Nachtseite des Lebens gehören die Fledermäus­e im Untergesch­oss. Auch sie hängen kopfüber von der Decke, doch sie sind nicht schutzlos. Das Video im Untergrund mit dem Titel „Walk“zeigt einen Grundzug menschlich­er Existenz, in dem sich Menschen vor einem weißen Hintergrun­d, in einer Sphäre ohne Raum und Zeit, vom Betrachter wegbewegen. Aquarelle von Schwänen finden sich als sogenannte „Cutouts“in der oberen Etage.

Sinn fürs Wesentlich­e

Stefanie Gerhardt beweist, dass Kunst die Sinne auf Wesentlich­es zu lenken vermag. Sie berührt auf anschaulic­he Weise metaphysis­che Aspekte sowie Fragen der Beziehung zur Unendlichk­eit, die wiederum mit dem Leben im Hier und Jetzt verbunden sind. Die Ausstellun­g von Stefanie Gerhardt in der Galerie der Stadt Tuttlingen ist bis einschließ­lich 26. November zu sehen. Die Öffnungsze­iten sind dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr.

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FOTO: SIEGRID BRUCH Die Künstlerin Stefanie Gerhardt und Galerielei­terin Anna-Maria EhrmannSch­indlbeck vor der surreal anmutenden Gruppe von aquarellie­rten neugeboren­en Babys mit dem Titel „Los geht`s".

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