Zu Fuß über die Alpen
Iris Kürschner und Dieter Haas dokumentieren eine eindrucksvolle Wanderung
TUTTLINGEN - Fotos und Geschichten zum Innehalten, Staunen und Genießen haben am Donnerstagabend die beiden Profifotografen und Outdoor-Spezialisten Iris Kürschner und Dieter Haas in der vollbesetzten Stadthalle Tuttlingen präsentiert. Im Rahmen der Event-Reihe „tutto il mondo“haben sie den Besuchern mit ihrer faszinierenden und humorvollen Medienreportage „GTA – Grande Traversata delle Alpi“ein Piemont präsentiert, das vielen in dieser Art und Weise noch unbekannt war.
Auf die Frage von Dieter Haas, wer von den Besuchern denn schon einmal im Piemont gewesen sei, fanden sich zahlreiche Gäste, die dies bestätigten. Auf die Frage, wer denn schon einmal in den Alpen des Piemont gewesen sei, dünnten sich die Reihen schon stark aus. Auf die nachfolgende Frage, wer denn überhaupt schon einmal, zumindest streckenweise, die GTA gewandert sei, blieben am Ende noch zwei Gäste stehen. Die komplette Strecke mit ihren fast 1000 Kilometern und 65 000 Höhenmetern hatte noch keiner von ihnen in Angriff genommen.
Reise führt auch zu sich selbst
„Wer den Blick in die Ferne richtet, bereist einen Teil seines Selbst.“Dieses Zitat passte hervorragend auf die Tour, die die Bergjournalisten und Fotografen Iris Kürschner und Dieter Haas beginnend am Griespass im nördlichen Piemont an der Schweizer Grenze, bis hinunter ans Mittelmeer, nach Ventimiglia, an der Grenze von Italien zu Monaco bewältigten.
Für diese spannende Alpendurchquerung auf alten Bergbauern- und Saumwegen, Militärstraßen, Walserund Schmugglerwegen benötigten sie 65 Tage, die sie durch einsame und wilde Alpentäler, verlassene Bergdörfer, vorbei an imposanten Gipfeln führte.
Mit ihren Bildern und der lockeren, aber stets einfühlsamen Moderation verstanden es Kürschner und Haas mit Bravour, die Geschichte, die Traditionen, die Kultur und die Küche dieses beeindruckenden Teils der Alpen zu vermitteln. Sie schärften aber auch den Blick ihrer Zuhörer für die Probleme dieser von der Entvölkerung am meisten betroffenen, schwer zugänglichen Alpentäler, und die dadurch entstandenen „Verwilderungen“der Alpen, da sie nicht mehr bewirtschaftet werden.
Die Routenführung der Grande Traversata delle Alpi mit ihrem angepassten, sanften Wandertourismus steuert dem entgegen, erhält und fördert vorbildhaft Historisches, ohne dass dazu in eine neue, das Bestehende verändernde Infrastruktur investiert wird. Die GTA gibt den Einheimischen in verschiedenen Dörfern die Möglichkeit eines zusätzlichen Verdienstes mit Übernachtungsund Einkehrmöglichkeiten in den „posto tappas“. Dort und auf vielen Hütten entlang der Route erfuhren die beiden Outdoor-Wanderer eine große Gastfreundschaft sowie die gute piemontesische Küche, die bei Dieter Hass dazu führte, dass er am Ende der Wanderung fünf Kilo zugenommen hatte.
Bergkulissen wie im Himalaya
Es war beeindruckend zu erfahren, was es in fast „unmittelbarer“Nähe zum Süden Deutschlands zu erleben und zu sehen gibt: Die Bergkulissen und Gipfel erinnerten zum Teil an den Himalaya, auch teilweise die Lebensweise der Menschen. Iris Kürschner und Dieter Haas entführten in eine ehemalige Goldgräberstadt, stellten beeindruckende Klosteranlagen vor, erlebten eine nur alle fünf Jahre stattfindende Wallfahrt, zu der sich rund 3000 Gläubige auf einen beschwerlichen Marsch über die Alpen machen. Sie entdeckten Geheimnisvolles in mystischen Geisterdörfern, unterhielten sich mit einer Wolfsexpertin. Sie weckten mit ihren fantastischen Fotos der Alpen und deren bizarren Gipfeln sowie der unwahrscheinlichen Natur dieser vielen unbekannten, wilden Alpenregion, und den Ausblicken in die Täler, etwa des Flusses Po, das Fernweh vieler Besucher.
Wobei allen bewusst war, dass trotz des Hinweises, dass die GTA technisch nicht besonders anspruchsvoll ist, da es weder Kletterstellen noch Gletscherquerungen gibt, auf jeden Fall eine gute Ausrüstung, Grundkondition und Trittsicherheit erforderlich ist, bevor sich die Wanderer am Ende, wie Dieter Haas, in die Fluten des Mittelmeeres stürzen können.