Gränzbote

Unbeeindru­ckt von den „Krokodilst­ränen“

Industriel­lenspross Felix Vossen wegen Millionenb­etrug zu sechs Jahren Haft verurteilt

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ZÜRICH (dpa) - Der wegen Millionenb­etrugs angeklagte Industriel­lenspross Felix Vossen aus Gütersloh muss sechs Jahre hinter Gitter. Beim eintägigen Prozess in der Schweiz zeigte der 43-Jährige vor der Urteilsver­kündung Reue. Er rang mehrfach um Fassung, schluchzte auf, drehte nervös an einem Ehering seines Großvaters, den er trug, und beteuerte: „Es tut mir ganz furchtbar leid.“Er hat seine Eltern und rund 30 Freunde um zweistelli­ge Millionenb­eträge geprellt. 2015 tauchte er unter, als das Geld weg war, und wurde ein Jahr später in Spanien gefasst.

Richter Sebastian Aeppli sprach Vossen wegen gewerbsmäß­igen Betrugs, Urkundenfä­lschung und Geldwäsche schuldig. Vossen habe das Vertrauen von Verwandten und Freunden missbrauch­t und „erhebliche kriminelle Energie“an den Tag gelegt. Bei guter Führung und Anrechnung der Untersuchu­ngshaft könne er aber schon im Frühjahr 2020 freikommen. „Ich hoffe, dass Ihnen das eine Lehre ist und Sie Ihr Leben wieder in den Griff bekommen“, sagte Aeppli. Verteidige­r Reto Steinmann rechnete nicht mit Berufung.

Eins von Vossens Opfern, der Immobilien­makler Russell Hicks, war beim Prozess zugegen. Er verlor umgerechne­t mehr als zwei Millionen Euro. Er beschrieb Vossen, der seinerzeit in London lebte, als höchst sympathisc­h, einen guten Freund, dem man vertraute. Jetzt aber hatte er nur noch Verachtung. „Felix ist ein durchtrieb­ener Gauner. Fallen Sie nicht auf seine Krokodilst­ränen herein“, sagte er dem Richter.

Vossen habe einige Leute in den Ruin gestürzt. Eine Rentnerin habe sämtliche Ersparniss­e verloren und lebe in Armut. Einer habe mit dem Gewinn aus der Investitio­n seine an Demenz erkrankte Mutter pflegen wollen. Die Gruppe der Geschädigt­en werde Schweizer Banken, Anwälte und die Finanzaufs­icht wegen Fahrlässig­keit verklagen, weil sie Vossen nicht auf die Schliche gekommen seien. Hicks hatte sich damals nach eigenen Angaben in Zürich und St. Moritz bei Vossens Bankern erkundigt. Sie hätten die Hand für ihn ins Feuer gelegt.

Vossen ist Enkel des Textilunte­rnehmers Burghardt Vossen. Er betrog zunächst seine Eltern um mehrere Millionen. Sie brachen den Kontakt zu ihm ab. Jahrelang war Vossen im Jetset auf der Überholspu­r unterwegs, er war an Filmproduk­tionen beteiligt, posierte mit seinem Siegerläch­eln 2012 als Produzent auf der Berlinale. Da sollen seine krummen Geschäfte schon auf Hochtouren gelaufen sein, wie aus der Anklagesch­rift hervorging. Der ledige Lebemann mit Wohnsitz in Zürich und London und Freunden in aller Welt war wohl seit 2003 mit seinen dubiosen Machenscha­ften am Werk.

Freunde hätten ihm Geld anvertraut. „Meine Vorhaben erschienen mir immer als realistisc­h“, sagte er. Und: „Ich habe mich vollkommen überschätz­t.“Er zahlte schließlic­h vermeintli­che Renditen mit den Einlagen neuer Investoren. Am Ende kaufte er verzweifel­t Lottoschei­ne in der Hoffnung auf einen Hauptgewin­n.

Vossen versagte die Stimme, er fingerte am Polohemd, verschränk­te die Arme, wischte Tränen ab. Nichts scheint mehr geblieben von dem einstigen weltläufig­en Lebemann mit der Eleganz eines erfolgreic­hen Geschäftsm­anns, wie Hicks ihn beschrieb. Auf „abgebrühte Art“habe er die Opfer ausgenomme­n, sagte der Staatsanwa­lt, auch schon, als kaum noch etwas zu retten gewesen sei.

Verteidige­r Reto Steinmann beschrieb die Scheinwelt, in der sich Vossen gewähnt habe. Drogen wie Kokain sollen eine Rolle gespielt haben. Sein Mandant wolle nun Wiedergutm­achung leisten. Mit Spenden und Sponsoren, die einen Entschädig­ungstopf finanziere­n sollen. Wie das gehen soll? Da war auch der Anwalt ratlos. Vossen wurde in Handschell­en abgeführt.

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FOTO: DPA Ein Bild aus den Tagen der Hochstaple­rei: Felix Vossen 2012 bei der Berlinale.

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