DRK-Rettungsdienst kämpft noch immer
Finanzielle Belastungen und Personalmangel fordern Flexibilität und Einsatz
LANDKREIS TUTTLINGEN - Eigentlich hätten mit der Umstrukturierung des Tuttlinger DRK-Kreisverbands in eine gemeinnützige GmbH die Probleme bewältigt sein sollen, doch noch immer hallen die finanziellen und organisatorischen Schwierigkeiten der vergangenen Jahre nach. Das hat jetzt zu Verstimmungen bei den Mitarbeitern geführt, da es zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Überstunden kommen wird. Das Weihnachtsgeld wird aber mit dem Novembergehalt bezahlt. Zum 1. Januar soll die gGmbH Realität sein.
Gleich an mehreren Stellen muss der neue DRK-Geschäftsführer Oliver Ehret handeln. Der Kreisverband ist nicht so liquide, dass die große Summe der Überstunden auf einmal ausbezahlt werden kann. Durch ein großes finanzielles Loch und Rückzahlungen von Geldern aus der Vergangenheit (wir hatten ausführlich berichtet) sowie Fahrzeug-Anschaffungen, etwa als Ersatz für das verunglückte Notarzteinsatzfahrzeug Spaichingen, die bezahlt werden müssen, müssen die Überstunden in mehreren Chargen abgeglichen werden. Eigentlich wäre November der Termin gewesen.
Dass nach Informationen dieser Zeitung bei den Mitarbeitern im Rettungsdienst der Sachverhalt so ankam, dass sie keine, beziehungsweise eine monatelang verzögerte Auszahlung bekommen würden, hat für Unruhe gesorgt. Immerhin gibt es Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen.
An der Belastungsgrenze
Einige Mitarbeiter hatten sogar angezeigt, gar keine Überstunden mehr machen zu wollen beziehungsweise zu können, weil sie an und über der Belastungsgrenze seien. Die ständige Bereitschaft, einzuspringen, zusätzliche Schichten zu fahren, forderte ihren Tribut, so ist aus Mitarbeiterkreisen zu hören. Da ein Freizeitausgleich aus Personalmangel nicht möglich ist, ist die Überstundenlösung nötig, um die Versorgung im Rettungsdienst sicher zu stellen.
„Es ist richtig, dass die Mitarbeiter stark belastet sind, das ist landauf landab so. Der Personalmangel im Rettungsdienst ist umfassend und sehr massiv“, sagt Betriebsrat Alexander Schultze auf Anfrage dieser Zeitung. In seinen Augen sei neben der Weiter- und Ausbildung in den Schulen Weiteres gefordert, um dem Problem abzuhelfen. Vor allem in den Rettungsorganisationen selbst müsse darauf geachtet werden, dass die Mitarbeiter ein attraktives Arbeitsfeld vorfänden und dadurch daran gehindert würden, abzuwandern, auch gerade nach Weiterbildungsmaßnahmen.
Zu der Frage der Überstundenbezahlung wolle er sich nicht äußern, da dies die Geschäftsführung betreffe. Er hätte sich jedoch insgesamt eine etwas andere Herangehensweise im Hinblick auf die Erfahrungen der Mitarbeiter in der Vergangenheit – er spielte damit auf die (finanzielle) Krise des Kreisverbands im Jahr 2015/16 an – gewünscht. Ob die Mitarbeiter wirklich entschlossen sind, keine Überstunden mehr zu machen? Schultze: „Der Betriebsrat steht in einem sehr regen Informationsaustausch mit den Mitarbeitern.“
Versammlung am Donnerstag
Geschäftsführer Oliver Ehret will am heutigen Donnerstag in einer Betriebsversammlung mit den Mitarbeitern sprechen und die auch mit den Banken gefundenen Lösungen erläutern. Es sei nicht davon die Rede, die Überstunden nicht zu bezahlen, nur eben in Chargen. Was im übrigen auch steuerlich von Vorteil sei. In Gesprächen hätten Mitarbeiter signalisiert, auch weiterhin Mehrarbeit zu leisten.
Die Patientenversorgung sei nicht in Gefahr: Die Hilfsfristen hätten sich nicht verschlechtert – sie habe bei den Rettungseinsätzen im Oktober bei 94,29 Prozent und im November bei 97,14 Prozent gelegen – und mit Umorganisation der Besatzungen könne der Dienst aufrecht erhalten werden, trotz Personalmangels – aktuell sind sechs Stellen von Rettungsassistenten und Notfallsanitätern nicht besetzt, zusätzlich seien zwei Mitarbeiter langfristig erkrankt und zwei Stellenanteile fielen durch Freistellungen als Funktionsträger weg und es kämen die Zeiten der Weiterbildung hinzu – und eines hohen Krankenstandes.
Klar sei allerdings, dass die jetzt ausgebildeten Notfallsanitäter dringend gebraucht würden und auch die anstehenden Verhandlungen mit den Kostenträgern Entlastung bringen müsste. Er habe viel verändert und umstrukturiert. Er setze auch verstärkt auf Ausbildung eigener Mitarbeiter, so Ehret. Doch bis der Rettungsdienst das Tal aus der Vergangenheit vollständig durchschritten hat, müsse man mit weiteren zwei Jahren rechnen.