Gränzbote

Als „Karl der Große“Ali traf

Boxer Karl Mildenberg­er wird 80 und bleibt unvergesse­n

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HAMBURG (SID/dpa) - Dass er den allergrößt­en seiner Gegner seit mehr als einem Jahr überlebt hat, macht Karl Mildenberg­er traurig und stolz zugleich. „Muhammad Ali ist und bleibt der beste Boxer aller Zeiten. Ich bin glücklich, dass ich gegen ihn boxen konnte“, sagt der Pfälzer rückblicke­nd auf den größten Kampf seiner Karriere. Heute wird der frühere Schwergewi­chts-Europameis­ter 80 Jahre alt.

Die Ehre, als erster deutscher Boxer in Deutschlan­d um den WMGürtel in der Königsklas­se gekämpft zu haben, kann Mildenberg­er niemand mehr nehmen. 35 000 Zuschauer bejubelten am 10. September 1966 den 10:1-Außenseite­r, der als unbequemer Rechtsausl­eger den Champion fast zwölf Runden lang beschäftig­te. Für seine AbbruchNie­derlage kassierte der Herausford­erer 220 000 Mark – damals eine kaum zu glaubende Summe.

Den Fight gegen den „Größten“hatte sich Mildenberg­er mehr als verdient. Vor der Begegnung mit Ali verteidigt­e er sechsmal seinen EMGürtel und kämpfte sich bis auf Rang vier der Weltrangli­ste vor.

Und als es im Ring gegen den Halbschwer­gewichts-Olympiasie­ger von Rom 1960 ernst wurde, war der Lokalmatad­or alles andere als Fallobst. Die Punktricht­er sprachen ihm die fünfte und neunte Runde zu, ehe er doch der noch größeren Klasse seines hochfavori­sierten Kontrahent­en Tribut zollen musste.

Der vorzeitige Sieger war seinerzeit mächtig beeindruck­t von seinem Rivalen. „Es war mein schwerster Fight seit dem Titelgewin­n gegen Sonny Liston“, sagte Ali und fügte kokett an, Mildenberg­er sei „der zweitschne­llste Schwergewi­chtler der Welt und der am besten aussehende weiße Boxer“.

Die Bewohner seiner Heimatstad­t ehrten Mildenberg­ers Leistung am Tag nach dem Fight mit einer ganz besonderen Geste. 30 000 Pfälzer bejubelten ihn, als er im offenen Cabrio fünf Kilometer quer durch Kaiserslau­tern fuhr.

War Mildenberg­er Jahre zuvor wegen einer Erstrunden-K.o.-Niederlage gegen den Briten Dick Richardson als „Karl der Flache“verspottet worden, so stieg er nach dem grandiosen Kampf gegen Ali in den Blättern zu „Karl der Große“auf. Im Jahr darauf, 1967, setzte Mildenberg­er sich sogar an die Spitze der Weltrangli­ste, aber schon 1968 beendete er seine Karriere – mit erst 31 Jahren, aber ganz bewusst: „Zehn Jahre und nicht mehr, das war für mich von Beginn an klar. Ich habe immer an meine Gesundheit gedacht und wollte auch weiter normal sprechen können.“Sein Weggefährt­e Jürgen Blin aus Hamburg, später ebenfalls Europameis­ter, meinte über Mildenberg­er: „Der Mann war eine Granate.“

Bis zu seiner Pensionier­ung 2002 arbeitete der 1,87 Meter große Mildenberg­er als Bademeiste­r. Noch zu seinem 70. Geburtstag wurde groß gefeiert, mittlerwei­le hat sich der einstige Faustkämpf­er mit Ehefrau Miriam weitgehend ins Privatlebe­n zurückgezo­gen.

Selbst als Zuschauer zieht es ihn nicht mehr an den Boxring, der heutigen Szene steht er kritisch gegenüber: „Alles ist Spielerei, die boxen doch nicht mehr richtig. Das sind doch keine Kämpfe mehr.“Ganz sicher jedenfalls keine, die sich mit seiner legendären Ringschlac­ht gegen Ali messen können.

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FOTO: DPA Volltreffe­r: Karl Mildenberg­er (rechts) bringt den großen Muhammad Ali ins Wanken.

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