Pro und Contra
So wie sich ein Patient auf seinen Arzt verlassen muss, ist dieser darauf angewiesen, dass der Patient die vereinbarten Termine einhält. Je nach geplanter Untersuchung fallen sonst unnötige Kosten und Leerläufe für den Mediziner an.
Bei einer Darmspiegelung etwa wird entsprechend viel Zeit einkalkuliert, ein Untersuchungsraum muss reserviert werden und medizinisches Personal muss sich bereithalten. Taucht der Patient einfach nicht auf, warten die Behandler vergebens – und ein anderer Patient ist am Ende der Leidtragende, weil er länger auf einen freien Termin warten muss. So auf die Schnelle kann der unerwartet frei gewordene Termin nicht wieder besetzt werden.
Die Verweigerung der künftigen Behandlung für unzuverlässige Patienten klingt erst einmal hart. Jedoch ist dies nur das äußerste Mittel, wenn der Patient wiederholt nicht erscheint, ohne vorher abzusagen. der aktuellen Auslastung der Hausärzte im Kreis Tuttlingen schreckt diese Drohkulisse ab, einfach nicht in der Praxis zu erscheinen. Einen neuen Hausarzt möchte sich wohl niemand gerne suchen. Einen Anruf zur rechtzeitigen Absage des Termins kann jeder tätigen – außer dem Patienten ist etwas schwerwiegendes zugestoßen, zum Beispiel ein Unfall.
Jeder, der sich jemals einen NoroVirus oder eine richtige Grippe eingefangen hat, weiß: Es gibt Situationen, da kann man sich noch nicht mal im Bett umdrehen. Völlig unmöglich ist es, aufzustehen, das Telefon zu bedienen und einen Termin abzusagen. Auch nicht, wenn es sich dabei um lange feststehende Termine bei einem Hausarzt, Facharzt oder Physiotherapeuten handelt.
Ich rede von einem Notfall, wenn man richtig krank ist. Dann noch eins drauf zu kriegen und eine Art Strafgebühr zu bezahlen oder bei der nächsten Terminabsprache im Regen stehen gelassen zu werden, finde ich unfair. Man ist ja nicht nur Patient, sondern auch Kunde. Allerdings hat man kaum Chancen, den Anbieter zu wechseln – die Arztpraxen sind total überlaufen. Das merke ich besonders deutlich, wenn ich Termine beim Hautarzt brauche oder eines der Kinder zum Arzt muss. Einen Vormittag muss ich komplett freischaufeln und permanent die Wahlwiederholung drücken – mit viel Glück erwischt man irgendwann eine Sprechstundenhilfe. Wer nimmt diese Odyssee schon gerne auf sich, wenn er umgekehrt einen Termin absagen muss?
Ich plädiere für mehr Kulanz. Die braucht der Patient ja auch beim langen Warten in der Arztpraxis.
„Am Ende ist ein anderer Patient der Leidtragende.“ „Man ist nicht nur Patient, sondern auch Kunde.“