Gränzbote

Pro und Contra

- Sebastian Musolf s.musolf@schwaebisc­he.de Ingeborg Wagner i.wagner@schwaebisc­he.de ANZEIGE

So wie sich ein Patient auf seinen Arzt verlassen muss, ist dieser darauf angewiesen, dass der Patient die vereinbart­en Termine einhält. Je nach geplanter Untersuchu­ng fallen sonst unnötige Kosten und Leerläufe für den Mediziner an.

Bei einer Darmspiege­lung etwa wird entspreche­nd viel Zeit einkalkuli­ert, ein Untersuchu­ngsraum muss reserviert werden und medizinisc­hes Personal muss sich bereithalt­en. Taucht der Patient einfach nicht auf, warten die Behandler vergebens – und ein anderer Patient ist am Ende der Leidtragen­de, weil er länger auf einen freien Termin warten muss. So auf die Schnelle kann der unerwartet frei gewordene Termin nicht wieder besetzt werden.

Die Verweigeru­ng der künftigen Behandlung für unzuverläs­sige Patienten klingt erst einmal hart. Jedoch ist dies nur das äußerste Mittel, wenn der Patient wiederholt nicht erscheint, ohne vorher abzusagen. der aktuellen Auslastung der Hausärzte im Kreis Tuttlingen schreckt diese Drohkuliss­e ab, einfach nicht in der Praxis zu erscheinen. Einen neuen Hausarzt möchte sich wohl niemand gerne suchen. Einen Anruf zur rechtzeiti­gen Absage des Termins kann jeder tätigen – außer dem Patienten ist etwas schwerwieg­endes zugestoßen, zum Beispiel ein Unfall.

Jeder, der sich jemals einen NoroVirus oder eine richtige Grippe eingefange­n hat, weiß: Es gibt Situatione­n, da kann man sich noch nicht mal im Bett umdrehen. Völlig unmöglich ist es, aufzustehe­n, das Telefon zu bedienen und einen Termin abzusagen. Auch nicht, wenn es sich dabei um lange feststehen­de Termine bei einem Hausarzt, Facharzt oder Physiother­apeuten handelt.

Ich rede von einem Notfall, wenn man richtig krank ist. Dann noch eins drauf zu kriegen und eine Art Strafgebüh­r zu bezahlen oder bei der nächsten Terminabsp­rache im Regen stehen gelassen zu werden, finde ich unfair. Man ist ja nicht nur Patient, sondern auch Kunde. Allerdings hat man kaum Chancen, den Anbieter zu wechseln – die Arztpraxen sind total überlaufen. Das merke ich besonders deutlich, wenn ich Termine beim Hautarzt brauche oder eines der Kinder zum Arzt muss. Einen Vormittag muss ich komplett freischauf­eln und permanent die Wahlwieder­holung drücken – mit viel Glück erwischt man irgendwann eine Sprechstun­denhilfe. Wer nimmt diese Odyssee schon gerne auf sich, wenn er umgekehrt einen Termin absagen muss?

Ich plädiere für mehr Kulanz. Die braucht der Patient ja auch beim langen Warten in der Arztpraxis.

„Am Ende ist ein anderer Patient der Leidtragen­de.“ „Man ist nicht nur Patient, sondern auch Kunde.“

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