Noch-Kaiser
Japans Kaiser Akihito weiß nun, wann er „Sayonara“sagen darf. Premierminister Shinzo Abe verkündete den Staatstermin – den 30. April 2019 – nach einem Treffen mit dem Thronrat. Der 84-jährige Monarch wurde anschließend darüber informiert. Dabei hat sich Japans Politik mit dem Kaiserwechsel äußerst schwer getan. Akihito ist der erste „Tenno“(Kaiser) seit mehr als 200 Jahren, der den Chrysanthementhron lebendig und auf eigenen Wunsch verlässt. Aber er fühlt sich alt, müde und krank, möchte die Bürde Hunderter Zeremonien im Jahr nicht länger tragen. Eine Herzoperation und die Behandlung seines Prostatakrebses erlauben den Abgang.
Dennoch übt sich der 125. Repräsentant der ältesten Erbmonarchie der Welt nach wie vor in Demut und Pflichterfüllung. Vor allem das mächtige Hofamt, aber auch der nationalkonservative Premierminister Abe sahen eine vorzeitige Abdankung des Tenno lange sehr kritisch. Deshalb setzte der Regierungschef eine einmalige Ausnahmeregelung durch, die nur für Kaiser Akihito und nicht für künftige Regenten gelten soll.
Kaiser Akihito ist bei den knapp 128 Millionen Japanern wegen seiner bescheidenen Art sehr beliebt. Das Volk rechnet ihm hoch an, dass er als erster Kaiser der Neuzeit 1959 eine Bürgerliche, die reiche Fabrikantentochter und nebenbei seine Tennispartnerin Shoda Michiko, ehelichte. Auch hat das Monarchenpaar bei der Dreifachkatastrophe von Fukushima 2011 sehr viel Einfühlsamkeit und Anteilnahme gezeigt.
Über politische Macht verfügt ein Kaiser allerdings nicht. Er repräsentiert seither als Symbol den Staat und die Einheit des Volkes. Formell ernennt er den Regierungschef, verkündet Gesetze und empfängt Staatsgäste sowie Botschafter. Zweimal im Jahr tritt er vor das Volk, wenn er zu seinem Geburtstag am 23. Dezember und an Neujahr auf dem Palastbalkon die Huldigung von Zehntausenden Unternehmen entgegen nimmt.
In Japan beginnt mit der Abdankung ein neues Zeitalter. Der amtliche Kalender orientiert sich an den Jahren der Regentschaft. Ein Kaiserwechsel bedeutet, dass alle offiziellen Dokumente geändert und neu gedruckt werden müssen.
Angela Köhler