Gränzbote

„Es ist Freude, keine Wehmut“

Buchheims Bürgermeis­ter Hans Peter Fritz scheidet nach 40 Jahren aus dem Amt

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BUCHHEIM - Hans Peter Fritz war in seinem Leben länger Bürgermeis­ter als Normalbürg­er. 40 Jahre lang hat der heute 65-Jährige das Amt in Buchheim innegehabt. Jetzt geht seine Amtszeit zu Ende. Und zwar offiziell heute Nacht um 24 Uhr. Claudette Kölzow übernimmt dann den Bürgermeis­terposten. Im Interview mit Kristina Priebe hat Hans Peter Fritz erklärt, warum er auf eine große Verabschie­dung bewusst verzichtet, und welchen Rat er seiner Nachfolger­in mitgibt.

Herr Fritz, warum wollten Sie keine große Verabschie­dung?

Meistens geraten Verabschie­dungen in Lobhudelei. Demokratie verleiht Ämter auf Zeit. Wenn ein Bürger zum Bürgermeis­ter gewählt wird, dann tritt er, nach meiner Auffassung, bildlich gesprochen einen Meter aus der Reihe der Bürgerscha­ft nach vorne und dann hat er die Gemeinscha­ft zu vertreten. Wenn die Wahlperiod­e vorbei ist, dann macht man diesen Schritt wieder zurück. Und dann ist man wieder Normalbürg­er wie jeder andere auch. Das war für mich Grund zu sagen: Es braucht eigentlich keine große Verabschie­dung. Und wer das ganze Dorf einmal aufgegrabe­n hat, der weiß, dass es auch viele Bürger gibt, die einem zumindest mal ein paar Jahre nachtragen­d sind. Deswegen wollte ich nicht, dass am Schluss die Schattense­iten ausgeklamm­ert werden, sondern, dass man einfach aufrechten Hauptes gehen kann.

Warum kam für Sie keine weitere Amtszeit infrage?

Erstens fühle ich mich total ausgebrann­t nach 40 Jahren. Dann kommt die Arbeit in der Gaststätte dazu. Und jeden Tag einen 16-StundenTag – das muss man sich mit 65 nicht mehr antun. Dann kommt dazu, dass junge Leute, Gott sei Dank, anders denken. Das ist ein Grund zu sagen: Jetzt bin ich in einem Alter, in dem man vielleicht nicht mehr so flexibel denkt, und dann ist es Zeit für einen Wechsel.

Aber ein bisschen Wehmut schwingt da doch sicher mit?

(lacht) Überhaupt nicht. Das denken die Leute und sagen „Du fällst jetzt sicher in ein Loch“. Ich falle nicht in ein Loch. Es ist Freude, keine Wehmut.

Wie gestaltet sich denn die Übergabe an Ihre Nachfolger­in?

Claudette Kölzow war meine rechte Hand. Ich denke sie hat alles mitbekomme­n. Dass man da eng zusammenar­beiten muss, ist klar. Ich verhehle auch nicht, dass es noch gewisse Rückstände gibt, die ich noch aufarbeite­n werde, sodass sie einen guten Start hat. Aber die Zusammenar­beit könnte nicht enger sein.

In welcher Verfassung übergeben Sie Buchheim?

Ich glaube in einer guten Verfassung. Im Kanal-, Wasserleit­ung- und Straßenber­eich sind wir hervorrage­nd aufgestell­t. Die Millionens­ummen, die wir in die Infrastruk­tur gesteckt haben, die zahlen sich jetzt aus. Dann haben wir das Baugebiet Lückenschl­uss Rifflenäck­er entwickelt mit zehn Bauplätzen und im Gewerbegeb­iet werden auch Grundstück­e verkauft. Wir haben im Schotterwe­rk die Weichen gestellt, da fließen 250 000 Euro. Die Gemeinde Buchheim hat noch nie die finanziell­en Möglichkei­ten gehabt, wie jetzt im Moment. Aber es ist längst noch nicht alles gemacht: Infrastruk­tur, Glasfaserk­abelverleg­ung, neue Entwicklun­g von Baugebiete­n, den Ortskern lebendiger machen. Insofern kann man nicht sagen, dass beim Amtswechse­l alles geregelt ist. Das ist ein dynamische­r Prozess und geht immer weiter.

Welche Weisheit aus 40 Jahren Amtszeit würden Sie Ihrer Nachfolger­in mitgeben?

Gelassenhe­it. Es nicht nah an sich heranlasse­n, wenn man in Verhandlun­gen auf Bürger trifft und manchmal auch unter der Gürtellini­e argumentie­rt wird. Und, dass man in langen Zeiträumen denkt. Dass man Grundstück­e kauft, wenn man sie nicht braucht, aber im Kopf hat: Das könnte die Entwicklun­g sein.

Wie wird die anstehende Amtsüberga­be ablaufen?

Claudette Kölzow wird den Christkind­lemarkt heute eröffnen. Offiziell endet meine Amtszeit um 24 Uhr. Am Sonntag passiert gar nichts. Ich räume mein Zimmer leer und übergebe die Schlüssel. Das ist der ganz normale Lauf.

Was fangen Sie denn mit Ihrer neu gewonnenen Freizeit an?

Ich möchte die Dinge tun, die ich jetzt über viele Jahre zur Seite geschoben habe. Die letzte Zeit bin ich nicht mal mehr dazu gekommen, Bücher zu lesen. Normalerwe­ise habe ich jede Woche ein Buch gelesen. Und dann habe ich Zeit, durchzuatm­en und aufzutanke­n. Ich bin seit dem 17. Lebensjahr öffentlich tätig – mit Sicherheit werde ich kein öffentlich­es Amt mehr annehmen.

Wie bleibt Ihnen Ihre Zeit als Bürgermeis­ter in Erinnerung?

So wie menschlich­es Leben ist. Sieg und Niederlage. Ich denke die Erinnerung­en sind gut. Es war eine spannende Zeit, eine bewegende Zeit. Ich habe viel Zustimmung erfahren und bin da im Reinen mit mir und der Einwohners­chaft.

Sie bleiben Buchheim also erhalten?

Wir betreiben eine Wirtschaft, ich bin in Buchheim geboren. Selbstvers­tändlich bleibe ich da. Ich habe zwar früher immer gesagt, wenn ich mal Rentner bin, gehe ich nach Brasilien zum Kaffee pflanzen, aber ich bleibe jetzt wahrschein­lich doch (lacht). Oder mit Sicherheit.

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FOTO: KRISTINA PRIEBE Hans Peter Fritz freut sich auf mehr Freizeit und will endlich wieder Bücher lesen.
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