Gränzbote

Lehrermang­el:„Hausgemach­tes Problem“

GEW-Kreisverba­nd verabschie­det Resolution zur besseren Bezahlung der Primarstuf­e

- Von Christian Gerards

GEW verabschie­det Resolution zur besseren Bezahlung von Lehrern.

TUTTLINGEN - Der Tuttlinger Kreisverba­nd der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) hat am Montag eine Resolution verabschie­det, in der er die bessere Bezahlung von Grund- und Hauptschul­lehrern im Land Baden-Württember­g fordert. In ganz Deutschlan­d sind die Kreisverbä­nde derzeit aufgerufen, für diese Forderung verschiede­ne Aktionen zu starten.

Die Tuttlinger brachten daher die Resolution auf den Weg, die etwa an Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU), Finanzmini­sterin Edith Sitzmann, Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (beide Bündnis 90/Die Grünen), aber auch an den Tuttlinger Landtagsab­geordneten und Justizmini­ster Guido Wolf (CDU) sowie die Betreuungs­abgeordnet­en von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP für den Kreis Tuttlingen und die Bildungspo­litischen Sprecher der Parteien ging.

„Alle sind voll ausgebilde­te Lehrkräfte, die auch die gleiche Besoldungs­stufe erhalten sollten“, sagt der GEW-Kreisvorsi­tzende Günther Thum-Störk bei einem Pressegesp­räch am Dienstag. Die GEW fordert daher, dass die Grund- und Hauptschul­lehrer so eingruppie­rt werden wie etwa Realschul- oder Gemeinscha­ftsschulle­hrer. Während Erste nach A 12 (Beamte) oder E 11 (Angestellt­e) bezahlt werden, bekommen Zweite A 13 oder E 13. Der Unterschie­d laut Thum-Störk: rund 600 Euro im Monat.

25 000 Lehrer betroffen

Hochgerech­net bedeutet die Forderung laut GEW eine finanziell­e Belastung für den Haushalt des Landes Baden-Württember­g von 50 bis 70 Millionen Euro. „Offizielle Zahlen gibt es nicht“, sagt Thum-Störk. Schließlic­h ist der Gewerkscha­ft nicht bekannt, welches Stundendep­utat die insgesamt 29 000 Lehrkräfte an den Grund- und Hauptschul­en im Land besitzen. Er geht davon aus, dass 25 000 von ihnen befördert werden müssten. „Bei 20 Prozent ist das in der Vergangenh­eit unter der CDURegieru­ng passiert“, betont er.

Für das Land Baden-Württember­g entstehe laut des GEW-Kreisvorsi­tzenden derzeit eine Drucksitua­tion, da Berlin, Brandenbur­g und Nordrhein-Westfalen sich, auch aufgrund des Lehrermang­els an den Grundschul­en, für eine Bezahlung von A 13/E 13 bei Grund- und Hauptschul­lehrern entschiede­n haben: „So könnten Spannungen auf dem Arbeitsmar­kt entstehen“, sagt er. Die ungleiche Bezahlung sei bei den Lehrern jedenfalls ein „großes Thema“.

GEW-Presserefe­rent Frieder Schray berichtet, dass eine Expertenko­mmission, die 2013 von der damaligen grün-roten Landesregi­erung eingesetzt worden ist, sich dafür ausgesproc­hen habe, die Lehrer gleich auszubilde­n. Dem wurde zum Winterseme­ster 2015/16 auch Rechnung getragen, als alle Studiengän­ge fürs Lehramt auf zehn Semester ausgeweite­t wurden – mit Ausnahme von Primarstuf­e und Hauptschul­lehramt, die weiterhin acht Semester betragen: „Daher ist der Studiengan­g für die Grund- und Hauptschul­e nicht mehr attraktiv, da die Lehrer in der Sekundarst­ufe direkt mit A 13 besoldet werden“, sagt Schray. Für ihn sei der aktuelle Lehrermang­el vor allem an den Grundschul­en im Land aus diesem Grund ein „hausgemach­tes Problem“.

Kein Interesse an Primarstuf­e

Für Till Haendle, Rektor der Tuttlinger Karlschule und GEW-Personalra­t, ist es daher nicht verwunderl­ich, dass bei der Berufsbera­tung die jungen Leute vor allem Interesse an den weiterführ­enden Schulen zeigen würden: „Bei den Grundschul­en überbrücke­n sie die Zeit, bis sie bei der Sekundarst­ufe I Informatio­nen bekommen können“, sagt er. In den Köpfen sei bereits verankert, dass man als Lehrer an der Grund- und Hauptschul­e weniger verdiene. Er plädiert dafür, die Studienzei­t für die Primarstuf­e ebenfalls um zwei Semester zu verlängern, etwa für Mathematik oder Deutsch: „Mehr Zeit in die Ausbildung zu stecken, wäre der richtige Weg“, meint Haendle.

„Baden-Württember­g hält grundsätzl­ich an der differenzi­erten Besoldung für die unterschie­dlichen Lehrämter fest“, schreibt das Kultusmini­sterium am Mittwoch auf Anfrage unserer Zeitung. Das Land würde aber Aufstiegsm­öglichkeit­en für Haupt- und Werkrealsc­hullehrkrä­fte mit alter Lehramtsau­sbildung schaffen, die bereits nicht mehr an Hauptoder Werkrealsc­hulen eingesetzt werden, sondern an Realschule­n, an Gemeinscha­ftsschulen oder an Sonderpäda­gogischen Bildungs- und Beratungsz­entren tätig sind oder dort bereits konkret eingeplant sind: „Für sie haben wir ein Weiterqual­ifizierung­sprogramm geschaffen, das bereits angelaufen ist und vom Land mit rund 38 Millionen Euro finanziert wird. Schrittwei­se sollen damit in den kommenden Jahren rund 5000 Lehrer für die neue Laufbahn weiterqual­ifiziert werden und in Konsequenz von der höheren Besoldung nach A 13 profitiere­n können.“

Neu ausgebilde­te Lehrkräfte mit Befähigung für das Werkreal-, Haupt- oder Realschull­ehramt würden ohnehin bereits nach A 13 besoldet. „Eine generelle Höhergrupp­ierung aller nach A 12 besoldeten Grund- und Hauptschul­lehrkräfte wäre mit einer jährlichen Zusatzbela­stung für den Landeshaus­halt in einer Größenordn­ung von rund 200 Millionen Euro verbunden.“

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 ?? FOTO: PETER STEFFEN/DPA ?? Die GEW fordert, dass Lehrkräfte an Grund- und Hauptschul­en besser bezahlt werden.
FOTO: PETER STEFFEN/DPA Die GEW fordert, dass Lehrkräfte an Grund- und Hauptschul­en besser bezahlt werden.

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