Ein zauberhaftes Weihnachtsmärchen
Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl führen Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte auf
TUTTLINGEN - Die Besucher am Sonntagabend in der voll besetzten Stadthalle haben ihre Freude gehabt: Mit großer Leichtigkeit erzählten Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl die berühmte Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens als Bühnenmärchen zusammen mit fünf „Engeln“des Sagas-Streicherensembles.
Die sozialkritische Erzählung über den alten Geizhals Ebenezer Scrooge, der am Vorabend des Weihnachtsfestes von vier Geistern heimgesucht wird und durch diese seine Menschlichkeit wiederentdeckt, passte so richtig zu diesem zweiten Adventssonntag. Sie wurde von den beiden Schauspielern – bekannt vom Münchner „Tatort“– mit unglaublicher Lebendigkeit vorgetragen und mit teils fröhlicher, verspielter oder auch leicht betrübter Musik untermalt. In diesem Zusammenspiel ist es gelungen, den typischen britischen Humor im Stile Dickens aufzuzeigen. Dabei spielt der literarische Text immer die Hauptrolle, mit Lichtstrahlen, Nebel auf der Bühne und Echo-Effekten wurde Atmosphäre gezaubert. Dem Regisseur und Produzent Martin Mühleis und dem Komponisten Libor Sima ist es geglückt, zusammen mit den Akteuren ein zauberhaftes Weihnachtsmärchen auf die Bühne zu bringen.
Geizhals Scrooge pfeift auf Weihnachten
Es beginnt mit dem zarten Läuten eines Glöckchens und einem fröhlichen Weihnachtslied. Doch der Anschein der heilen Welt ist schnell vorbei, als der alte Geizhals Scrooge, den Miroslav Nemec verkörpert, die Bühne betritt. Seinem Neffen, der ihm fröhlich „Frohe Weihachten wünscht“entgegnet der kalte Geschäftsmann mürrisch: „Ich pfeife auf Weihnachten“. So erlebt man Scrooge in vielen Situationen, die seine Kälte den Mitmenschen gegenüber, seinen Geiz und seine selbstproduzierte Einsamkeit zeigen. Doch dann wird er von Geistern heimgesucht: Zuerst erlebt er eine Reise zu vergangenen Weihnachtsfesten. Auch Weihnachtsfeiern mit Angestellten und seinem Neffen halten ihm den Spiegel vor und zeigen ihm, dass Liebe und Geborgenheit mehr wert sind, als teure Geschenke. Bei der Reise mit dem dritten Geist wird Scrooge auch noch die letzte Illusion genommen und ihm wird klar, dass über seinen Tod niemand auch nur eine Träne weinen wird. Und so vollzieht sich bei Scrooge eine Wandlung: Er erkennt, dass sein Leben sinnlos und leer war, dass Werte wie Liebe, Geborgenheit und Mitgefühl fehlten und er wird durch das Erscheinen der Geister wachgerüttelt. Er will sein Leben von Grund auf ändern und beschließt gleich, mit seinem Neffen ausgelassen Weihnachten zu feiern. Miroslav Nemec vollzieht den Wandel des Geizkragens glaubhaft mit allen Facetten seiner Schauspielkunst. Udo Wachtveitl begeistert als warnender Geist, manchmal unheimlich, manchmal komisch (wenn er zum Beispiel seinen Kiefer wieder einrenkt). Die Streicher als Engel musizieren auf ihren angeleuchteten Wölkchen. Alles zusammen wird lebendig und anrührend angeboten und passt so perfekt in die Vorweihnachtszeit. Stürmischer, lang anhaltender Beifall belohnte am Ende Darsteller und Musiker.