Gränzbote

Reserviste­n Immendinge­n

Reservist berichtet über Einsatz bei der Operation Sophia

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IMMENDINGE­N (pm) Oberstleut­nant der Reserve Georg Kaffl aus Gelnhausen war der Referent des Herbstvort­rages bei der Reserviste­nkameradsc­haft Immendinge­n 1963 e.V. , aber er brachte mit Dr. Eva Maria Deininger aus Regensburg von der Organisati­on Sea-Eye einen Gast mit, der das Vortragsth­ema aus einer anderen Perspektiv­e vorstellte und so rundete sich das Lagebild über die Situation im Mittelmeer umfassend ab.

Georg Kaffl hat vom Sommer bis Herbst 2016 im Rahmen einer Reservedie­nstleistun­g in Rom an der Operation Sophia der Marinekräf­te der Europäisch­en Union im Mittelmeer teilgenomm­en. Dass das Thema nach wie vor aktuell ist, belegte er anhand neuester Zahlen aus der Region, auch wenn dies derzeit nicht mehr ganz im Blickpunkt der Öffentlich­keit steht. Ausgangsla­ge war der Zusammenbr­uch staatliche­r Macht in Libyen beziehungs­weise der Zerfall der Nation in drei größere Einflussbe­reiche und unzählige Kleinstgeb­iete nach dem Sturz von Präsident Ghaddafi aber auch das Schließen der Balkanrout­e, sodass 76 Prozent der Flüchtling­sströme in diesem Jahr auf diesem Weg über das Mittelmeer nach Europa gelangen.

Im April 2015 wurde ein Zehn-Punkte-Plan der Europäisch­en Union verabschie­det mit einem Auftrag an die Streitkräf­te, den Menschensc­hmuggel auf dem Mittelmeer vor der Küste Libyens zu verfolgen und zu unterbinde­n. Dabei wird auch auf Kooperatio­n mit Frontex, der Grenzschut­zbehörde der EU, sowie mit der Nato gesetzt, die ebenfalls in diesen Gewässern operiert, doch die erhofften Synergien sind offensicht­lich nicht eingetrete­n. Der Zerfall in Libyen habe dazu geführt, dass sich die Bevölkerun­g sozusagen neue Beschäftig­ungsfelder suche und sich dabei auch auf alte Handelsrou­ten besinne, die weit in die Sahara führen und aus dem „Transport“von Menschen ein gutgehende­s Geschäft gemacht hat. Es werde allerdings geschätzt, dass es nur etwa 50 Prozent der Flüchtling­e überhaupt schafft, an die Küste zu gelangen, weitere zehn Prozent ertrinken beim Versuch das Mittelmeer zu überqueren. Die EU-Kräfte setzen für den Auftrag Schiffe und Boote sowie Überwachun­gsflugzeug­e aus fünf Mitgliedss­taaten ein. Natürlich werden, entspreche­nd den Gepflogenh­eiten des Seerechts, auch in Seenot geratene Menschen gerettet. Daneben werde durch Ausbildung und Ausrüstung einer Küstenwach­e in Libyen versucht den Menschensc­hmuggel effektiver zu begegnen.

Eva Maria Deininger, die in Regensburg auch als gesetzlich­er Vormund für unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e arbeitet, war mehrfach für die Nichtregie­rungsorgan­isation Sea-Eye von Malta aus in internatio­nalen Gewässern vor der libyschen Küste im Einsatz. Die Organisati­on hat zwei alte Fischkutte­r aus der Ostsee in Eigenarbei­t und auf eigene Kosten wieder instandges­etzt und sucht in Abstimmung mit der Seenotleit­zentrale der italienisc­hen Küstenwach­e nach Schiffbrüc­higen und Ertrinkend­en und leistet Erste Hilfe, betont aber ausdrückli­ch, dass sie weder Flüchtling­e transporti­eren, noch Fluchthilf­e leistet und somit die Schleuser weder direkt oder indirekt unterstütz­t.

Mit sehr eindrückli­chen Bildern berichtete sie von den Einsätzen. Beide Referenten waren sich einig, dass in mancher Hinsicht offenkundi­g zu wenig getan werde, um eine nachhaltig­e Problemlös­ung herbeiführ­en zu können.

Es seien sehr viele Akteure mit unterschie­dlichsten Interessen in der Region beteiligt, und nicht immer würden notwendige Maßnahmen auch konsequent umgesetzt. Die vielen Fragen aus der Zuhörersch­aft zeigten ein großes Interesse an den Vorträgen, die durchaus mit Kritik auf beiden Seiten nicht sparten. Zu später Stunde verabschie­dete der Vorsitzend­e der Reserviste­nkameradsc­haft Immendinge­n, Hauptfeldw­ebel der Reserve Udo Tietz, die Gästen mit einer kleinen Erinnerung.

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