„Stern ist der Ansporn, sich aufs Neue zu beweisen“
Auszeichnung des Guide Michelins hat das Konzept des „Anima“gerettet, sagt Chefkoch Heiko Lacher
TUTTLINGEN - Ein Monat ist es her, dass das Tuttlinger Restaurant „Anima“vom Restaurantführer Guide Michelin mit einem Stern geadelt wurde. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal im Landkreis, denn Sterne-Gastronomie gab es hier noch nie. Auch Tourismusminister Guido Wolf gratulierte: „Mit dem Anima sind Tuttlingen und die Region um eine Attraktion reicher.“Redakteurin Ingeborg Wagner fragte bei Küchenchef und Geschäftsführer des „Anima“, Heiko Lacher, nach, was sich seit dem Stern verändert hat.
Herr Lacher: Was hat der Stern bewirkt?
Die Gästezahlen sind rapide nach oben gegangen. Heute Mittag waren wir ausgebucht, heute Abend auch, ebenso an Weihnachten und Silvester.
Wann ist dieser Run auf das Restaurant gestartet?
Im Grunde sofort nach der Veröffentlichung des neuen Guide Michelins. Wir kamen gerade aus Potsdam zurück, wo die Bekanntgabe der Sternvergabe war, hatten die Nacht nicht geschlafen, und nun wollten plötzlich alle in unser Restaurant. Wir sind immer noch total euphorisch. Realisieren können wir es aber noch nicht richtig, vielleicht auch, weil die Arbeit überwiegt.
Sie haben im September 2016 eröffnet und wurden gleich darauf in der Ausgabe des Gault Millau 2017 mit einer Haube und 15 Punkten dekoriert. Die ganze Aufmerksamkeit haben Sie aber erst durch den Stern im Guide Michelin auf sich gezogen. Woran liegt das?
Ein Stern ist wie ein Oscar der Gastronomie. Der Guide Michelin hat das größte Ansehen in der Szene. Das Interesse an den Sternen ist ganz groß, das hören wir auch, wenn Gäste unser Restaurant betreten. Sie basteln uns Sterne, bringen Blumen mit und gratulieren. Das ist wunderschön. Es gibt nichts Größeres, das ist wie in einem Traum.
Sie haben aber auch eine harte Zeit hinter sich.
Ja, es war eine harte Zeit. Das Team musste sich neu zusammenfinden, dazu kam, dass unser Restaurant im Sommer nicht gut besucht war. Wir sind vom Ambiente wohl eher ein Winterlokal, obwohl wir die Terrasse haben. Aber es war auch gut so, dadurch habe ich das Wirtschaften gelernt. Und jetzt mit dem Stern kämpfen wir mit Stolz und Freude weiter.
Wie bewältigen Sie jetzt den GästeAnsturm?
Wir haben uns eine Grenze von 20 Gästen gesetzt, je nachdem auch mal 24, sodass wir die Qualität halten können. Wir haben durch die Auszeichnungen eine große Verantwortung und möchten die auch tragen, Unser erstes Credo ist, dass der Gast der Star ist, er muss glücklich sein, wenn er unser Restaurant verlässt.
Wie viel Plätze haben Sie?
Wir hätten für 32 Gäste Platz, die sind beispielsweise am Silvesterabend vergeben, wo es ein festgelegtes Menü gibt.
Wollen Sie Ihr Team vergrößern? Sie sind ja nur zu dritt: Sie, Patissière Julia Kugelstätter und Janice Bugert im Service.
Ja, wir suchen einen Koch, der uns entlastet. Es gibt auch Bewerber, die wir uns jetzt anschauen werden, sodass wir ab März aufstocken können. Beim Service, den meine Lebensgefährtin Janice Bugert managt, machen wir es jetzt so, dass wir Köche mit raus gehen. Es ist viel schöner, wenn das ganze Team an den Tisch geht und das Gericht ansagt.
Bis wann ist das „Anima“ausgebucht?
Bis Ende des Jahres haben wir fast durchgehend volle Reservierungen, wobei auch vereinzelt Lücken sind. Für Silvester gibt es mittlerweile eine Warteliste.
Spüren Sie durch den Stern jetzt eigentlich mehr Druck?
Druck würde ich das nicht nennen. Es ist eine andere Art von Stress, denn jetzt haben wir eine große Verantwortung. Darauf sind wir auch stolz. Jeden Teller, der aus der Küche geht, präsentieren wir gerne, wobei wir immer darauf achten, an allen möglichen Stellschrauben nachzujustieren. Die Gäste kommen aus einem weiten Umkreis zu uns, aus der Schweiz, aus ganz BadenWürttemberg und selbstverständlich auch aus Tuttlingen.
Gibt’s denn Kollegen, die gezielt den Kontakt mit Ihnen suchen?
Ja. Momentan haben wir einen Koch als Aushilfe, der demnächst Souschef bei Christian Jürgens am Tegernsee wird, ein Drei-Sterne-Koch. Ihm gefällt unser Konzept, er wollte vor der neuen Stelle bei uns schnuppern. Das ehrt uns natürlich.
Gibt es noch eine Auszeichnung, die Sie unbedingt haben wollen?
Nein. Ich wollte schon immer einen Stern und 15 Punkte holen. Das ist für mich jetzt Ansporn, dass wir uns jedes Jahr aufs Neue beweisen.
In etlichen Führern ist die Lage des Restaurants – Tuttlingen – besonders erwähnt.
Das liegt daran, dass es weder in Tuttlingen, noch im Landkreis und der Region seit Erscheinen des Guide Michelins 1920 jemals einen Stern in dieser Region gab. Wobei ich sagen muss, dass wir unser Konzept wohl hätten umstellen müssen, wenn der Stern nicht gekommen wäre, der die auswärtigen Gäste hierher gebracht hat.