Zoff um Baurecht geht weiter
Landgericht weist Klage wegen Ruhestörung ab – Doch Streitfall ist noch nicht zu Ende
STUTTGART (tja) - In der Debatte über einfachere Regeln für Neubauten fühlen sich die Grünen zu Unrecht als Bremser dargestellt. „Wir machen Vorschläge, uns fehlen aber Antworten aus dem Wirtschaftsministerium“, sagt die grüne Landtagsabgeordnete Susanne Bay. Die Grünen wollen weiterhin Fahrradstellplätze und Fassadengrün in Städten zur Pflicht machen, plädieren aber dafür, geltende Ausnahmeregeln öfter zu nutzen. Die CDU hält die Vorgaben für überflüssig.
MÜNCHEN - Erst vor wenigen Tagen hat der Fußballprofi James Rodriguez einen Fanclub seines neuen Arbeitgebers FC Bayern München besucht – und dabei eine Lektion in Sachen bayerisches Brauchtum bekommen. Im Allgäu wurde er von Blaskapelle und Böllerschützen empfangen, musste ein Bierfass anzapfen und bekam zum Abschied eine Kuhglocke überreicht.
Seither weiß auch der Kolumbianer um die innige Beziehung der Bayern zu ihren glockenbehängten Kühen. Und sie wiederum erklärt, wieso ein Verfahren vor dem Münchner Landgericht, in dem am Donnerstag das Urteil gefallen ist, so viel Aufmerksamkeit bekommt wie sonst nur spektakuläre Mordprozesse. Ein Anwohner aus Holzkirchen südlich von München hatte gegen die Bäuerin Regina Killer geklagt, weil deren Kühe vor seinem Haus weiden. Den Gestank der Tiere, die Gesundheitsgefahr durch Weidestechfliegen und den Wertverlust seiner Immobilie führte Reinhard U. an – vor allem aber das nervtötende Gebimmel der Kuhglocken. Nun hat das Landgericht seine Klage abgewiesen, und doch ist die Sache noch nicht ausgestanden. Doch dazu später.
Vergleich in erster Instanz
Zunächst zum Fall des Unternehmers Reinhard U., der sein Haus im kleinen Ortsteil Erlkam 2011 erwarb. Drei Jahre später verpachtete die Gemeinde Holzkirchen die benachbarte Wiese zur Viehhaltung an Regina Killer – sehr zum Leidwesen des Anwohners. Ihm zufolge sei der Lärm der Kuhglocken kaum auszuhalten, seine Ehefrau und er litten unter Schlaflosigkeit, sie habe überdies depressive Verstimmungen. Und so zog Reinhard U. vor Gericht, wo man sich 2015 in erster Instanz auf einen Vergleich einigte: Seither dürfen die Kühe nur noch im weiter entfernten Teil der Weide mit Glocken grasen.
Reinhard U. stimmte dieser Lösung zu, erachtete sie aber schon bald als unzureichend. Und so klagte er abermals, nun gegen Regina Killer und die Gemeinde Holzkirchen als Grundstücksbesitzerin – diesmal vor dem Landgericht München, wo die Vorsitzende Richterin bei der Verhandlung im Oktober vergeblich um einen Kompromiss rang. Auf der einen Seite sprach sich der Anwalt von Reinhard U. partout gegen Kuhglocken aus; auf der anderen Seite lehnte Regina Killer den Vorschlag ab, die Tiere auf Kosten des Klägers mit GPS-Geräten auszurüsten.
Nun hat das Gericht also sein Urteil verkündet und die Klage abgewiesen. In der Begründung wird auf den 2015 geschlossenen Vergleich verwiesen. „Irgendeine Möglichkeit für den Kläger, sich von diesem von ihm geschlossenen verbindlichen Vertrag zu lösen, hat das Gericht nicht gesehen“, heißt es vonseiten des Landgerichts. Regina Killer reagierte am Donnerstag „ein bisserl erleichtert“auf das Urteil. Erleichtert, „weil ich froh bin, dass das Gericht erkannt hat, dass das, was der fordert, Schwachsinn ist“. Und nur „ein bisserl“, da sie annimmt, dass der juristische Zwist noch lange nicht vorbei ist.
Denn wie kurz vor der Urteilsverkündung bekannt wurde, hat nun auch die Ehefrau von Reinhard U. Klage eingereicht. Der Hintergrund ist klar: Da sie – anders als ihr Mann – seinerzeit dem Vergleich nicht zugestimmt hat, liefe die nun vom Gericht formulierte Begründung bei ihr ins Leere. Bewahrenswerter Brauch oder nur gesundheitsgefährdendes Gebimmel – das bleibt die Frage.