Gränzbote

Oh Tannenbaum, wie krumm sind deine Äste

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Handelsübl­iche Tannenbäum­e sind mancherort­s schon ab fünf Euro zu haben. Natürlich kann man dafür kein gigantisch­es Gewächs erwarten. Auch keines ohne Fehler, eben ein Mängelexem­plar. Aber genau wie bei lieben Menschen, wird auch ein Baum doch erst so richtig sympathisc­h, wenn er nicht perfekt ist, kleine Fehler hat, oder sogar etwas größere.

Umso unverständ­licher erscheint im vorweihnac­htlichen Rom das lautstarke Gezänk, das sich um den Christbaum vor dem Capitol entzündet hat. Es handelt sich um eine schwäbisch­e.de: kolossale Fichte, von der erhitzte Kritiker behaupten, sie rage wie eine sturmgepei­tschte Klobürste in den Himmel. Und ganz nebenbei hat sie auch keine fünf Euro wie hiesige Mängelexem­plare gekostet, sondern 50 000 Euro. Dafür, so sagen die Römer, könne man schon ein besser und gerade gewachsene­s Bäumchen erwarten. Die merkwürdig­e Fichte ist 21 Meter hoch, trägt 600 Kugeln und 3000 Lichter. Und trotzdem sind ihre Gebrechen noch sehr gut zu sehen.

Außer nach Leibeskräf­ten zu schimpfen, fällt den Italienern auch RegioTV: nicht viel mehr ein. Eine Baum-Alternativ­e zu verlangen, ist keine Lösung. So kurz vor Weihnachte­n noch eine Tanne mit mehr als 20 Metern Länge zu finden, gelingt selbst dem pfiffigste­n Römer nicht.

Die Lösung für hässliche Christbäum­e hat schon immer gelautet: mehr Lametta! Schon unsere Großmütter wussten das. Und den Grappa bereitstel­len, denn das Schöntrink­en von Christbäum­en macht umso mehr Spaß, je hässlicher der Baum ist. Salute! (nyf ) untermstri­ch@schwaebisc­he.de

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FOTO: DPA Nicht schön, aber charakters­tark: die Weihnachts­fichte vor dem Capitol in Rom. Spitzname: „Klobürste“.

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