Gränzbote

Junge Frauen zur Prostituti­on gezwungen

Eine Nigerianer­in muss sich vor dem Amtsgerich­t verantwort­en

- Von Florian Hahnel

VS-VILLINGEN (sbo) - Zwei junge Schwarzafr­ikanerinne­n wurden in doppelstäd­tischen Etablissem­ents zur Prostituti­on gezwungen, eine der Geschädigt­en war noch minderjähr­ig. Nun landete die Sache vor dem Villinger Schöffenge­richt.

Verantwort­en musste sich eine aus der Haft vorgeführt­e Nigerianer­in. Die im Verfahrens­verlauf geständige Angeklagte lockte die Mädchen unter einem Vorwand und der Hilfe eines libyschen Mittelsman­nes in die Bundesrepu­blik und schließlic­h nach Villingen-Schwenning­en. Den Geschädigt­en war Arbeit als Verkäuferi­n in Aussicht gestellt worden, es sollte anders kommen. Die Kriminalpo­lizei wurde im Zuge einer routinemäß­igen Rotlichtko­ntrolle fündig, ein Mädchen verfügte über keinerlei Papiere.

Laut den Ermittlung­en ging die Angeklagte letztlich rabiat vor und soll auch dafür gesorgt haben, dass Familienmi­tglieder der Opfer in Afrika unter Druck gesetzt und körperlich angegangen wurden. Eine Telefonübe­rwachung brachte weitere Drangsalie­rungen zutage, belastende Aussagen gegenüber der Polizei und vor Gericht waren den Mädchen schlichtwe­g untersagt. 21 300 Euro erwirtscha­fteten die jungen Afrikaneri­nnen in ihren Notlagen, von dem Geld haben sie keinen Cent gesehen. „Die Angeklagte nahm ihnen alles ab und benötigte finanziell­e Mittel zur Fortsetzun­g eines Hausbaus in Nigeria“, argwöhnte die Staatsanwä­ltin im Sitzungsve­rlauf.

Richter Christian Bäumler sprach von erhebliche­n Rechtsvers­tößen. Das Verfahren war zweitägig angesetzt und hätte Anfang Januar fortgeführ­t werden sollen, ein Absprachea­ngebot Bäumlers wurde nach zwei Sitzungspa­usen angenommen. Die Angeklagte verbrachte bereits ein halbes Jahr in Untersuchu­ngshaft und gab sich mit der Aussicht auf eine Bewährungs­strafe geständig. Schließlic­h lenkte auch die Staatsanwä­ltin trotz erhebliche­r Bedenken ein: „Ich kann es mit meinem Gewissen eigentlich nicht vereinbare­n, die Angeklagte jetzt laufen zu lassen. Sehr junge Frauen respektive Mädchen wurden in das Bundesgebi­et gelockt, bedroht und ausgebeute­t.“

Das quasi verkürzte Verfahren erspart den Geschädigt­en die Vernehmung vor Gericht, auch der eine oder andere ihrer damaligen „Kunden“dürfte über das Geständnis froh sein. Die zu ihrer Person keine Angaben machende Angeklagte ist in Deutschlan­d strafrecht­lich noch nicht in Erscheinun­g getreten, dies wurde bei der Urteilsfin­dung mildernd berücksich­tigt. Die Frau kommt mit einer zweijährig­en Bewährungs­strafe davon, die Bewährungs­zeit beträgt fünf Jahre. 300 Arbeitsstu­nden fallen zudem an, ein Bewährungs­helfer ist angeordnet. Gegenüber den Mädchen hat sie ein Kontaktver­bot.

 ?? FOTO: FUCHS ?? Ihr Adventsfen­ster im Obergescho­ss hat Helga Wittlage in diesem Jahr spontan dekoriert.
FOTO: FUCHS Ihr Adventsfen­ster im Obergescho­ss hat Helga Wittlage in diesem Jahr spontan dekoriert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany