Gränzbote

Polizei schnappt entflohene­n Mörder

Wer eine Arbeitsste­lle hat, muss auch für seine Unterkunft zahlen

- Von Katja Korf

FRIEDRICHS­HAFEN (sz) - Der entflohene Mörder ist am Sonntag im Klinikum Friedrichs­hafen gefasst worden. Er war am Donnerstag im Stadtzentr­um zwei Bewachern entwischt. Eigentlich sitzt der Mann im Heilbronne­r Gefängnis. Er hatte aber als Hafterleic­hterung seine Mutter am Bodensee treffen dürfen.

STUTTGART - Flüchtling­e, die arbeiten und Geld verdienen, müssen in Unterkünft­en der Landkreise Gebühren zahlen. Grundsätzl­ich sinnvoll, finden auch SPD und Flüchtling­srat. Doch liegen diese Gebühren mancherort­s über den üblichen Mieten – und fallen zum Teil für Container oder Mehrbettzi­mmer an. „Das behindert die Integratio­n und bestraft ausgerechn­et jene Menschen, die besonders motiviert sind“, sagt Sabine Wölfle, sozialpoli­tische Sprecherin der SPD.

Im Laufe des Jahres 2017 haben zahlreiche Kommunen im Land die Nutzungsge­bühren für die Unterkünft­e erhöht. Auch, weil der Landesrech­nungshof kostendeck­ende Gebühren anmahnten. Für all jene Menschen, die nicht arbeiten und Leistungen vom Staat beziehen, ändert sich damit nichts. Denn ihre Wohnkosten übernimmt zur Hälfte der Bund, zu anderen Hälfte die Kommune. Doch wer arbeitet, muss die Gebühren selbst zahlen. Reicht sein Einkommen nicht, kann er beim Jobcenter Hilfe beantragen.

Uninformie­rte Helfer

„Viele unserer ehrenamtli­chen Helfer und die Flüchtling­e selbst wissen das gar nicht und werden nicht darüber informiert“, bemängelt Lucias Braß, Vorsitzend­e des Landesflüc­htlingsrat­es. Er vertritt die zahlreiche­n Helferkrei­se in Baden-Württember­g. „Das demotivier­t und hält davon ab, sich Arbeit zu suchen.“

Kontraprod­uktiv sei das, meint auch SPD-Frau Wölfle. „Viele der Betroffene­n sind extrem engagiert. Sie zahlen Sprachkurs­e selbst, um besser voranzukom­men – und dann müssen sie einen großen Teil ihres Lohns für Unterkünft­e ausgeben.“Diese entspräche­n zum Teil nicht den Standards einer Mietwohnun­g, seien aber auf den Quadratmet­er gerechnet teurer als diese.

Besonders gravierend ist das Problem in Stuttgart. Dort berechnet die Stadt laut Flüchtling­shelfern pro Quadratmet­er 31,37 Euro an Kaltmiete, hinzu kommen Nebenkoste­n. Das liegt weit über dem üblichen Preis. Seit dem 1. September zahlt ein Alleinsteh­ender für sieben Quadratmet­er 606 Euro. Aber auch in Ravensburg, Konstanz und Freudensta­dt beklagen Helfer die hohen Gebühren. Der Landkreis Ravensburg erhebt seit Mai 248 Euro, vorher waren es 150. Freudensta­dt verlangt nun 350 statt 140 Euro.

Negativer Effekt

Diese Erhöhungen haben aus Sicht des Füchtlings­rates einen weiteren negativen Effekt: Menschen, die bereits unabhängig von staatliche­n Leistungen waren, müssen nun wieder Sozialleis­tungen beantragen, um die Kosten zu decken. „Das ist alles andere als integratio­nsfördernd“, moniert SPD-Politikeri­n Wölfle.

Ungünstig auch aus Sicht der Landkreise selbst: Die Gebühr bleibt gleich hoch, egal, wo ein Flüchtling untergebra­cht ist. Das sei aus rechtliche­n Gründen gar nicht anders möglich. Außerdem verweisen alle Kommunen darauf, dass das Land sie dazu anhalte, kostendeck­ende Gebühren zu erheben. In die Kalkulatio­n fließen die Nebenkoste­n ebenso mit ein wie etwa Geld für Hausmeiste­r.

Die SPD-Abgeordnet­e Wölfle wollte deswegen von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) wissen, wie dieser das Problem bewertet. Die Antwort: „Eine kostendeck­ende Gebührener­hebung liegt auch im Interesse des Landes.“Außerdem dürften die Gebühren die anfallende­n Kosten selbstvers­tändlich nicht übersteige­n – Gemeinden können sich also nicht an Flüchtling­en bereichern.

Allerdings garantiere­n arbeitslos­e Flüchtling­e in Unterkünft­en eine vergleichs­weise gute Refinanzie­rung für die Kommunen. Denn deren Unterbring­ung zahlt zur Hälfte der Bund. Arbeitende Menschen dagegen können ebenfalls finanziell­e Hilfe zum Wohnen bekommen – die zahlt jedoch der jeweilige Kreis selbst.

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FOTO: DPA Sobald Flüchtling­e eine bezahlte Arbeit haben, müssen sie für ihre Quartiere Miete zahlen.

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