Gränzbote

Mannheim feiert mit dem Bundespräs­identen die neue Kunsthalle

Das moderne Gebäude trägt ein 44 Tonnen schweres Häkelkleid aus Edelstahl und hat 70 Millionen Euro gekostet

- Von Wolfgang Jung

MANNHEIM (lsw) - Deutschlan­ds derzeit größter Neubau eines Kunstmuseu­ms steht funkelnd im Licht der Dezemberso­nne. Ein Geflecht aus Edelstahl spannt sich um die quadratisc­he Fassade. Vor der modernen Mannheimer Kunsthalle erledigen Handwerker letzte Arbeiten, bevor Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier an diesem Montag zur Schlüsselü­bergabe anreist. Der Festakt ist für die Kulturszen­e im Südwesten eines der Highlights des Jahres. Das rund 70 Millionen Euro teure Sammlungsh­aus hat Strahlkraf­t über Baden-Württember­g hinaus. Geplant hat es das Hamburger Architekte­nbüro gmp.

„Unsere tolle Architektu­r ist das Gegenteil eines Elfenbeint­urms, was ein Kunstmuseu­m sehr leicht werden kann, und steht für eine Öffnung des Hauses“, sagt Direktorin Ulrike Lorenz. Für die Gemälde und Skulpturen dürfte es nicht leicht werden, gegen die Attraktion­en des Gebäudes anzukommen. Da sind die spektakulä­ren Blicke nach draußen: auf der einen Seite Mannheims Wahrzeiche­n, der Wasserturm, auf der anderen Seite der rote Sandstein des Muttergebä­udes. Und da ist die Architektu­r mit Brücken, Treppengas­sen und riesigem Atrium.

Unter dem Glasdach hängt dort bereits die Installati­on „Sefiroth“von Anselm Kiefer, mit fast drei Tonnen das schwerste Kunstwerk des Museums. In Mannheim wird die wohl weltgrößte Privatsamm­lung von Kiefer-Werken zu besichtige­n sein. Es wird spannend sein zu sehen, wie die Kollektion des Duisburger Bauunterne­hmers Hans Grothe mit Meisterwer­ken wie Édouard Manets „Die Erschießun­g Kaiser Maximilian­s von Mexiko“, dem schreiende­n Papst von Francis Bacon oder den Skulpturen von Mario Merz und Henry Moore kontrastie­rt.

Doch noch sind viele Wände kahl. Nach Steinmeier­s Besuch schließt die Kunsthalle wegen abschließe­nder Innenarbei­ten bis zum 1. Juni 2018. „Wir hätten wohl schon im Sommer nüchtern in den Blick nehmen müssen, dass eine Eröffnung am Jahresende nicht realistisc­h ist“, sagt Lorenz. Das sei im ersten Moment bitter. „Aber wir haben dieses Gebäude in zweieinhal­b Jahren erstellt, das ist die positive Bilanz. Und wir sind im Budget“, betont die seit 2009 amtierende Direktorin.

Der Entwurf des Neubaus spielt auf die historisch­e quadratisc­he Stadtstruk­tur von Mannheim an. Wie Häuser um den Marktplatz gruppieren sich sieben Ausstellun­gsräume um das Atrium. In der ersten Etage gibt es einen Panoramabl­ick auf den nahen Wasserturm.

Mäzen spendet Riesensumm­e

Spätestens mit der Eröffnung im Juni soll das Herz der bildenden Kunst in Mannheim wieder stärker schlagen. Es geht nicht nur um mehr Platz für Gemälde und Skulpturen. Mit dem Neubau will sich das Museum der Kurpfalzst­adt mit 300 000 Einwohnern neu erfinden. Die Digitalisi­erung der Kunstwerke läuft. „Kein Smartphone kann die Begegnung mit dem Originalku­nstwerk ersetzen, aber das Publikum kann sich etwa seinen Katalog oder seine Führung selbst zusammenst­ellen“, meint die 1963 im thüringisc­hen Gera geborene Kunsthisto­rikerin.

Die Initialzün­dung für das Projekt kam von Mäzen Hans-Werner Hector. Der gebürtige Pfälzer spendete 50 Millionen Euro. „Die Stadt selbst stellt zum Beispiel die Außenanlag­en fertig und hat zehn Millionen Euro zum Baubudget beigetrage­n“, sagt Lorenz. „Es ist aus meiner Sicht einmalig, dass dieses öffentlich­e Museum mit überwiegen­d privaten Mitteln ermöglicht wurde“, betont Oberbürger­meister Peter Kurz (SPD). „Der Ort hat das Potenzial, die Stadt anders zu repräsenti­eren und ein interessan­ter Begegnungs­ort zu werden.“

Kurz hält die Kunsthalle für „ein großes Werk mit der Qualität, Jahrzehnte zu überdauern“. Doch sie ist auch ein Wagnis. Viele Mannheimer zweifeln, ob sich der Neubau harmonisch in eine urbane Nahtstelle mit Jugendstil­ensemble fügt. „Einfallslo­ser Klotz“und „seelenlose­s Vorstadt-Parkhaus“hieß es etwa in Leserbrief­en an die örtliche Zeitung.

 ?? FOTO: DPA ?? Mannheims neue Kunsthalle erhält hohen Besuch aus Berlin.
FOTO: DPA Mannheims neue Kunsthalle erhält hohen Besuch aus Berlin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany