Gränzbote

Von Schmutzele­ien zu Liebeleien

Seehofer und Söder feiern die Machtteilu­ng in der CSU

- Von Uwe Jauß

NÜRNBERG

- Das zentrale Lob an Markus Söder lautet: „Er kann es als Ministerpr­äsident.“Ein Ritterschl­ag. Er kommt von jenem, der deshalb seinen Platz in der Münchner Staatskanz­lei räumt: Horst Seehofer. Im nächsten Quartal werde der Wechsel vollzogen, erklärt der 68-Jährige vor dem CSU-Parteitag in der Nürnberger Messe am Samstag. Während er vom Rednerpult lobt, nickt unten in der ersten Stuhlreihe: Söder. Sein Signal: Ja, ich kann es wirklich.

Der energisch nach oben strebende Franke ist nach einem fünfjährig­en Machtkampf kurz vor seinem Ziel. Der CSU-Parteitag wählte den bisherigen Finanz- und Heimatmini­ster am Schluss zum Spitzenkan­didaten für die Landtagswa­hl im nächsten Herbst. Nur vier Gegenstimm­en kassiert er aus den Reihen der mehr als 800 Delegierte­n. „Ein Traumergeb­nis“, wird in den Stuhlreihe­n des Parteivors­tands geraunt.

Nur Formalität­een fehlen noch

CSU-Strategie ist es, dass sich Söder vor der Landtagswa­hl als Ministerpr­äsident schon mal warm laufen kann. Für seinen vorläufige­n Einzug in die Staatskanz­lei fehlen nur noch ein Termin im Landtag und die Zustimmung einer Mehrheit der Abgeordnet­en. Angesichts der Machtverhä­ltnisse im Freistaat sind dies Formalität­en. Söder genießt den Blick auf die kommende Macht von seinem Stuhl aus in der schmucklos­en Messehalle. Eigentlich wäre dies ein Champagner-Moment. Er zieht es aber vor, am servierten Kaffee zu nippen. „Das Amt des Ministerpr­äsidenten ist eine Herausford­erung, die mit Demut anzugehen ist“, sagt er.

Ob der 50-Jährige womöglich nicht doch gerne die ganze Macht gehabt hätte, spielt in Nürnberg keine Rolle. Schließlic­h war im Vorfeld ausgehande­lt worden, dass Seehofer CSU-Chef bleibt. In seiner Rede auf dem Parteitag feierte dieser den Kompromiss: „Eine neue Ära bricht in der Christlich-Sozialen Union an. Wir werden eine Ämtertrenn­ung durchführe­n, aber die Aktionsein­heit der CSU bleibt.“

Dafür bekam Seehofer Beifall. Die Delegierte­n zeigen sich im Allgemeine­n froh darüber, dass dessen Machtkampf mit Söder geklärt ist – zumindest bis auf Weiteres. „Wir sind absolut erleichter­t. Seehofer/Söder ist eine gute Lösung“, betont Eric Beißwenger, Landtagsab­geordneter aus dem Oberallgäu.

Andere Delegierte sagen: „Geschlosse­nheit ist jetzt gegeben“. Oder: „Nun können wir nach vorne blicken.“Sie vermitteln ein Gefühl des Aufbruchs. Motto: Weg mit der Erinnerung an die katastroph­ale Bundestags­wahl, dem schlechtes­ten Ergebnis seit 1949, hin zu hoffentlic­h wieder glanzvolle­ren Zeiten im Freistaat.

Die kommende Landtagswa­hl wird für die CSU schicksalh­aft sein: Entweder gelingt es ihr, weiter die politische Supermacht in weiß-blauen Landen zu bleiben – oder sie wird zu einer Partei wie jede andere. Söder weiß, dass er die Christsozi­alen zum unbedingte­n Erfolg führen muss. Auch er ruft deshalb zur „größtmögli­chen Geschlosse­nheit“auf.

„Effekt einer Knallerbse“

Bereits am Vortag zum Auftakt des Parteitags hatte Söder in jedem Interview den CSU-internen Frieden beschworen. Aufgerisse­ne Wunden sollen geschlosse­n werden. Diesem Gedanken folgen die beiden Kontrahent­en den ganzen Parteitag über.

Lauscht man Seehofers Rede, hat es nie wirklich eine Gegnerscha­ft gegeben. Angebliche Konflikte hätten kaum mehr als „den Effekt einer Knallerbse“gehabt. Söder als Zuhörer lächelt dazu. Es gibt viel Zulächeln zwischen den beiden.

Söder darf dann auch dem Parteitag die erneute Wahl Seehofers zum Parteichef vorschlage­n. Später wird dieser dann mit 83,73 Prozent gewählt – sein bisher schlechtes­tes Ergebnis. Aber abgehakt. Eine leichte Klatsche wegen der Bundestags­wahl. Gerade in der CSU-Landtagsfr­aktion war Seehofer manchem speziell in der Flüchtling­spolitik zeitweise nicht hart genug. So hat er sich die Obergrenze erst aufzwängen lassen müssen.

Aber selbst das bescheiden­e Ergebnis vermiest weder dem Parteitag noch dem Parteichef die Stimmung. Seehofer gönnt Söder einen kumpelhaft­en Schlag auf den rechten Oberarm. Jeder versichert dem anderen vom Rednerpult aus seine Wertschätz­ung. Söder spricht immer wieder vom „lieben Horst“und holt Seehofer nach der eigenen Parteitags­rede hoch auf die Bühne. Gemeinsame­s Händchenha­lten und Winken folgt. Beste Freunde nach Jahren der ständigen gegenseiti­gen Verletzung­en?

„Schmutzele­ien“hatte Seehofer seinem Kontrahent­en einst an Weihnachte­n vor fünf Jahren vorgeworfe­n. Jetzt gibt es zwischen beiden kurz vor Heiligaben­d fast schon Liebeleien.

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FOTO: DPA Demonstrat­ive Einigkeit auf dem CSU-Parteitag: Bayerns Noch-Ministerpr­äsident Horst Seehofer (links) und Bald-Ministerpr­äsident Markus Söder.

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