Gränzbote

Straches Hirn

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Seine ebenso flotten wie rotzigen Sprüche sind berühmter als er selbst: Die meisten Österreich­er wussten bislang gar nicht, wer Herbert Kickl ist. Dabei hat der gebürtige Kärntner hetzerisch­e Gags wie „Daham statt Islam“oder „Abendland in Christenha­nd“geschaffen, die weit über Österreich hinaus für Aufregung sorgten.

Der drahtige 49-jährige FPÖ-Mann, der ein geschickte­r Rhetoriker und Debattiere­r ist, trägt den schmeichel­haften Beinamen „Straches Hirn“. Er ist die Sprachstüt­ze des rhetorisch eher schwachen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache, der Kickls Sprachblüt­en stets so vorträgt, als seien es seine eigenen Schöpfunge­n. Auch für den verstorben­en Jörg Haider war Kickl schon Redenschre­iber und Sprücheklo­pfer. Das bekam der ehemalige Präsident der jüdischen Gemeinde in Wien, Ariel Muzicant, zu spüren. „Wie kann einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben?“, ätzte Haider einmal mit unverhohle­n antisemiti­schem Unterton – Copyright: Kickl.

Aber dessen Dasein im Hintergrun­d geht nun zu Ende. Als neuer Innenminis­ter der schwarz-blauen Koalition wird Kickl öffentlich präsenter sein denn je. Einem Mann wie ihm die Zuständigk­eit für die Asylund Migrations­politik sowie die öffentlich­e Sicherheit zu überlassen, treibt Menschenre­chtlern und politische­n Gegnern die Zornesröte ins Gesicht.

Dabei ist Kickl, der Publizisti­k und Politikwis­senschaft studiert hat, kein typischer FPÖ-Politiker – dazu ist er viel zu intellektu­ell. Auch mit den rechtsradi­kalen Burschensc­haftern, auf die sich Strache stützt, hat er wenig im Sinn. Er ist schlicht ein skrupellos­er Opportunis­t, den eine unbändige Lust treibt, Tabus zu brechen. Und der sich nicht scheut, für seinen Herrn die Hände schmutzig zu machen, indem er etwa auf Kongressen von Rechtsextr­emisten hetzerisch­e Reden schwingt. Selbst ortet er sich in einer „Spannweite zwischen sozialpoli­tisch links und ordnungspo­litisch rechts“. Im Amt des Innenminis­ters wird wohl die zweite Position deutlicher zum Vorschein kommen. Rudolf Gruber

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